Flößer

Bergwerke und Erzhütten waren neben den Glashütten große Holzfresser. Sie brauchten u. a. Grubenholz, Holz für Maschinen, wie Wasserräder, und Erzhütten brauchten es zum Schmelzen. Aber auch die Menschen, vor allem in den neu gegründeten Bergstädten, benötigten viel Holz zum Wärmen und Kochen. Während Glashütten mitten in die Wälder mit großen Holzvorräte gebaut werden konnten, was kürzeste Transportwege bedeutete, richteten sich die Standorte der Bergwerke und Erzhütten nach den Orten der Erz- oder Kohlevorkommen. Für Zwickau wird bereits 1316 eine Flöße15 auf der Zwickauer Mulde genannt, die anfangs vor allem der Versorgung der Bevölkerung diente16 (Abb. 76). 

Freiberg stand bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts nicht mehr genügend Holz zur Verfügung. Andererseits befanden sich bis auf den Kamm des Erzgebirges dichte Wälder mit bestem Holz, die aber von der Stadt zu weit entfernt lagen und deshalb eigentlich keinen Wert hatten. Auf Achsen diese Entfernung zu überbrücken, war schon aus ökonomischen Gründen unmöglich, darüber hinaus fehlten auch die entsprechenden Wege. Für das Jahr 1438 erwähnen Akten erstmals, dass man auf der Freiberger Mulde Holz über mehrere Kilometer zu den Kohlplätzen bei Freiberg flößte. Bald war die Freiberger Mulde bis Bienenmühle 17 und Rechenberg flößbar. Um 1532 siedelten sich Holzmacher und Scheithauer oberhalb des Städtchens Rechenberg an und begründeten damit das Dorf Holzhau. Durch Flößteiche in Moldau/Moldava und am Teichhaus konnte der Wasserstand gegebenenfalls erhöht werden. Sie gewährleisteten das Flößen auch bei kurzzeitiger Trockenheit. Nach nur wenigen Jahren war das Holz bis hinauf zur böhmisch – sächsischen Grenze verbraucht. Leider war der Grenzverlauf in diesem Gebiet zwischen dem sächsischen Grundherrn Caspar von Schönberg auf Purschenstein und dem böhmischen Grundherren Litwin Popel von Lobkowitz auf Bilín strittig. Da es sich dabei gleichzeitig um die Landesgrenze handelte, mussten zur Schlichtung dieses Streits sowohl der der böhmische König, als auch der sächsische Herzog und natürlich der Rat zu Freiberg involviert werden. Erst 1604, also nach 72 Jahren, kam es zur Einigung, indem diese Wälder den Herren von Schönberg zugeschrieben wurden. Die noch heute sichtbaren baumlosen Wiesen östlich von Moldau entstanden durch Abholzen des einst dichten Waldes, dessen Bäume nach Freiberg geflößt wurden. 1874 endete die Flößerei auf der Freiberger Mulde, denn die Eisenbahn übernahm seit dieser Zeit die Holztransporte. Ab 1884 verlief die Strecke über Moldau bis nach Brüx / Most und brachte nun Kohle aus Böhmen nach Sachsen. 

An der Flöha waren die ersten Ziele der geflößten Holzscheite die Kohlstätten bei Blumenau und Gersdorf. Das Einzugsgebiet der Flöha zieht sich entlang des Gebirgskammes von den Sümpfen zwischen Moldau und Neustadt / Nové Město im Osten bis Natzschung/Načtín bei Rübenau im Westen. Geflößt wurde sowohl auf den großen Nebenflüssen Schweinitz und Natzschung, als auch auf kleinsten Bächen, wie auf dem Frauenbach bei Neuhausen oder dem Wildsbach bei Oberseiffenbach. Um auch bei Trockenheit das Flößen nicht gleich einstellen zu müssen, legte man auch hier Flößteiche an, so den Anwedelteich bei Rudelsdorf / Rudolice v horach, den Roten Teich / Černý rybník bei Natzschung, den Lehmhaidner Teich bei Rübenau u. v. a. m.

Aber die Waldflächen, aus denen das Holz mittels natürlicher Flussläufe genutzt werden konnte, waren begrenzt. Auch die bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts vor allem im Westerzgebirge zahlreich entstandenen „Silber-städte“ plagte die ständige Holzknappheit. Verbesserungen brachten künstlich angelegte Flößgräben. Es befinden sich z. B. bei Annaberg der „Flößgraben“, bei Marienberg der 23 km lange „Zeuggraben“, bei Oberschlema der „Auer Flößgraben“,bei Platten / Horní Blatná der „Erbgraben“ und bei Altenberg seit 1464 der „Aschergraben“. 

Freiberg hatte bald die Wälder im Einzugsgebiet der Freiberger Mulde verbraucht. Einen guten Holzbestand wiesen noch die böhmischen Wälder im östlichen Einzugsbereich der Flöhe auf. Jedoch an der Stelle der größten Annäherung der Täler von Flöha und Mulde, zwischen Rechenberg-Bienen-mühle und Georgendorf / Český Jeřetín, liegt ein Bergrücken mit einer relativen Höhe von 150 m. Man umging diesen Höhenunterschied, indem man einen Graben baute, der in einer Höhe von 696 m bei Fleyh / Flaje begann, Fluren der Dörfer Georgendorf und Cämmerswalde durchzog und bis zum Steinberg bei Clausnitz führte. Von da floss das Wasser in einer Rachel (Ausspülung) durch Clausnitz, die 1622 ein Wolkenbruch hinterlassen hatte. Sie war so mächtig, dass darin das Holz bis zur Freiberger Mulde geflößt werden konnte. (Abb. 77) Die gesamte Neugrabenflöße, wie dieser Graben genannt wird, verläuft stets knapp unter der 700 Meter-Höhenlinie. Während z. B. die Flöha in ihrem böhmischen Oberlauf ein Gefälle von durchschnittlich 1:53 aufweist, d. h. sie fällt auf 53 m um einen Meter 18, hatte die Neugrabenflöße ein Gefälle von lediglich 1:1.285, also auf 1,285 km fiel der Graben lediglich um einen Meter. Die Gesamtlänge der Neugrabenflöße beträgt bis zum Steinberg 18,2 km. Eine ingenieurtechnische Meisterleistung! 

Der Bau der „Neugrabenflöße“ begann 1624 und bereits 1629 fand die erste Flöße statt. Die meiste Zeit lag auch dieser Flößgraben trocken. In dieser Zeit fällten die Holzhauer die Bäume und kürzten die Stämme auf das Floßmaß von 9/4 Ellen, das sind 1,27 m. Führte die Flöha dann genügend Wasser, schoben die Wehrflößer die Stämme ins Wasser. Grabenflößer beobachteten die schwimmenden Hölzer vom Weg aus, der auf der linksseitigen Grabenböschung verlief, und korrigierten mit langen Stangen bei Bedarf die Bewegung der Holzscheite, um eine staufreie Trift zu ermöglichen. (Abb. 78) Auch um die Neugrabenflöße kam es zu Streitigkeiten zwischen den böhmischen Grundherren und den sächsischen Holzkäufern. Um die Bereitstellung des Holzes für Freiberg zu erzwingen, wurde auch mal ein böhmisches Schiff auf der Elbe bei Dresden festgehalten. 

Seit 1823 heizten die Freiberger Hütten nur noch mit Steinkohle. Holz brauchten jedoch noch die Haushalte und öffentlichen Einrichtungen als Heizmaterial. Zur Verkürzung der Neugrabenflöße durchstach man noch zwischen 1858 und 1860 nahe Cämmerswalde einen Felsen. Im Frühjahr des Jahre 1874 fand die letzte Flöße statt.

Heute erinnern die zahlreichen Flößteiche in den Wäldern an die einst bedeutenden Flößen. Die einstigen Wege der Grabenflößer entlang vieler Flößen sind heute sowohl in Bezug auf Flora und Fauna, als auch aus technischer Sicht, sehr interessante Wanderwege. (Abb. 79) 

Ein Flößerhaus kann man im Seiffener Freilichtmuseum besichtigen. Es stand einst in Rechenberg, wo das Nachbargebäude, ebenfalls ein 1670 errichtetes Flößerhaus, heute noch steht und vom Heimatgeschichtsverein des Ortes, der sich auch mit der Flößerei beschäftigt, genutzt wird. Im vogtländischen Muldenberg führt der Flößerverein im Rahmen eines Volksfestes das Flößen jährlich vor. (A. K.)

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