Foto: Dt. Fotothek

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Die Bräuer–Schmiede im Grünthaler Hüttengrund

Um das Jahr 1650 sah Olbernhau ganz anders aus, als wir es heute sehen. Wohl schon ein zentraler Ort in seiner Umgebung, war es doch eine noch kleine Gemeinde. Heute bedeutende Straßen waren noch nicht gebaut und so nahm der Warenverkehr die alten Wege. Einer der Wichtigen dieser Wege führte, von Sayda kommend und Olbernhau tangierend, weiter über das Poppsche Gut, den Hüttengrund querend, den Oberneuschönberger Kirchweg hinauf, über die Eisenzeche bei Heidersdorf bis Neuhausen, wo er in die alte Salzstraße mündete. Auf diesen Straßen wurden nicht nur die Dinge des täglichen Bedarfs sondern auch die begehrten Erze aus den Gruben der bekannten Bergbauorte (Eisenzeche, Seiffen, Katharinaberg) transportiert. 

Die „Bräuer-Schmiede“ wurde so genannt, weil die Schmiede über sieben Generationen hinweg von der Familie Bräuer bewirtschaftet wurde. Die erste Schmiede an dieser Stelle geht auf die Zeit um 1680 zurück, so wurde es in der Familie Bräuer weitergeben. Das bis heute erhaltene Gebäude wurde um das Jahr 1750 errichtet. Es war kleiner als die heutige Bausubstanz und umfasste den in Richtung Norden stehenden Teil. Die Schmiede als Werkstatt wie auch das vorhandene Schmiedefeuer waren Bestandteile dieses Gebäudes.  Etwa 100 Jahre später entstand ein Anbau. Dieser verlängerte das vorhandene Haus um ca. vier Meter in südliche Richtung. Die Trennung zwischen Alt- und Anbau ist in der Dachkonstruktion noch erkennbar. Das Baujahr des „Auszughäuschens“, das am Anbau beginnend ca. 2,5m in östliche Richtung vorgebaut wurde, ist nicht mehr zu ermitteln. 

Der ursprüngliche Bau kann wie folgt beschrieben werden: Das Erdgeschoss wurde, wie damals üblich, in Bruchsteinmauerwerk ausgeführt. Dabei ist das Mauerwerk sehr sauber gefügt und auch die Winkligkeit für damalige Verhältnisse exakt gefertigt.  Die auf das Erdgeschoß gebaute Etage wird wohl ehemals ein mit Holz und Lehm ausgefachtes Fachwerk gewesen sein. Die ursprüngliche Ausfachung ist nur noch in Teilen vorhanden und wurde überwiegend durch Ziegelmauerwerk ersetzt.  Der Fußboden wurde als Holzbalkendecke ausgeführt. Nur im Bereich des Schmiedefeuers ist das Bruchsteinmauerwerk bis zur Fußbodenhöhe aufgemauert. Das darüber errichtete Kehlbalkendach wurde nach damaligen Vorstellungen solide errichtet und trägt zwei Etagendecken. Dachausbauten in Form von Gauben besitzt das Dach nicht mehr. Wahrscheinlich hat es aber in früherer Zeit die für das Erzgebirge typischen Fledermausgauben besessen. 

Die Werkstatt mit dem Schmiedefeuer befinden sich hier direkt unter den Wohnräumen der Schmiedefamilie. Gewöhnlich stehen Schmieden wegen der drohenden Brandgefahr ein wenig abseits.

Für eine Dorfschmiede ist das Feuer wohl auch sehr groß ausgelegt. Die Schmiede der Familie Bräuer werden in den Oberneuschönberger Kirchenbüchern „Huf- und Waffenschmied“ genannt. Sie beschlugen also nicht nur Pferde und reparierten Wagenräder, sie stellten zudem Werkzeuge für das ortsansässige Handwerk und den Bergbau her. Im Grünthaler Hüttengrund hatten sich Menschen angesiedelt, die in Grünthal, im Rothentaler Hammer     oder in der Eisenzeche bei Heidersdorf, je nach Bedarf, zur Arbeit gingen. Der „Gnade-Gottes-Erbstolln“ war in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen. 

Links neben dem Schmiedefeuer befindet sich ein Brunnen, in dem sich Regen- und Tauwasser sammelt, das vom steilen Hang unterhalb der Kirche auf dem Grundstück des Schmieds zusammenfließt. Die Vorväter wussten dies zu nutzen. Statt das Wasser in den kleinen Bach auf der anderen Seite des Weges zu leiten, führte man – zumindest einen Teil davon – über Röhren in die Schmiedewerkstatt hinein. Schließlich wird in einer Schmiede Wasser benötigt und als Brauchwasser für den Haushalt taugte es vermutlich ebenfalls. 

In einem kleinen Stall wurde stets ein Ochsen gehalten. Dazu waren die Inhaber der Schmiede verpflichtet, um die ankommenden Fuhrwerke beim Überwinden des steilen Kirch- und Preißlerberges zu unterstützen. Auffällig ist auch, wie der damalige Bauherr sein Haus in die Straßenkreuzung einpasste. Er setzte es unmittelbar in den Knick, den der Kirchweg macht, hinein, um sein kleines Grundstück optimal auszunutzen. Um etwas mehr Platz für seinen Garten, rechts vom Haus, und für die Schmiedearbeit, vor dem Haus, zu gewinnen, nahm er in der oberen Etage einen kleinen Platzverlust in Kauf. Denn ohne den Anschnitt zwischen nördlicher Giebelseite und der rückwärtigen Hausseite wäre es Fuhrwerken niemals möglich gewesen, die Straße zu passieren. 

Der Anbau folgt in seinen Grundmaßen dem schon vorhandenen Bau. Daher ist auf den ersten Blick keine Unterscheidung erkennbar. Nur im Dachbereich der dem Kirchwerg zugewandten Hausseite kann ein Absatz beobachtet werden. Auch die Fensterleibungen verraten den späteren Baubeginn. Das Baumaterial, wie auch die Ausführung des Anbaues entsprechen grundsätzlich dem des ursprünglichen Hauses. Jedoch ist die Qualität der Bauausführung wesentlich minderwertiger. Besonders deutlich wird dies am neu errichteten Giebel. Dieser kippt in Richtung des Hausinneren ein. Ein auch für damalige Zeit erheblicher Baumangel. 

Der Auszugshausanbau wurde qualitativ wieder sauberer gearbeitet. Allerdings lässt die Wahl des Baumaterials auf eine Notsituation schließen. Verbaut wurden hier, neben Abbruchsteinen verschiedener Art, auch Schlackesteine, ein Nebenprodukt aus den Schmelzprozessen der Saigerhütte. Die Dachkonstruktion kann auch hier als solide bezeichnet werden. 

Ein wesentlicher Grund für den immer schneller werdenden Verfall des Gebäudes liegt in dem das Haus umgebenden Oberflächenrelief begründet. Die Bausubstanz ist an drei Seiten von Straßen und Wegen umgeben, die teilweise bis an die Mauern des Hauses heranreichen. In den letzten Jahrzehnten, besonders nach 1990, wurde das Höhenniveau dieser Verkehrsbauten stark verändert. Besonders durch den jetzt über dem Etagenniveau des Gebäudes liegenden Kirchweg kann das Oberflächenwasser nicht mehr abfließen und dringt in das Mauerwerk des Hauses ein. Dadurch ist nicht nur das Mauerwerk stark durchfeuchtet, auch das Balkenwerk ist in diesen Bereich verfault.  Andererseits befindet sich das Gebäude innerhalb des Denkmalschutzbezirkes Saigerhütte. Bauliche Maßnahme sind somit nicht einfach umzusetzen und bedürfen der Zustimmung der Denkmalschutzbehörde. Aus dieser Unsicherheit heraus wurden auch andere Erhaltungsmaßnahmen unterlassen, was unbestritten zum Verfall der Bausubstanz beigetragen hat. Heute befindet sich das Gebäude zwar in keinem guten Zustand. Das will aber nicht sagen, dass es mit Fleiß und Sachverstand doch wieder in seiner spartanischen Schönheit und Funktionalität entstehen kann. Im Frühjahr 2020 begann eine behutsame, den Altbestand weitgehend bewahrende Rekonstruktion. (ctb+Gunther Baldauf, Lengefeld)

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