Foto: Dt. Fotothek

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Das Zusammenwirken von Schmied und Stellmacher

Wie der Schmied, war der Stellmacher in früherer Zeit ein unverzichtbarer und angesehener Handwerker. Denn in der von der Landwirtschaft geprägten Gesellschaft bestand ein großer Bedarf an robusten Ackerwagen, Schiebböcken, Pferdekarren und Handwagen. Zur Produktpalette des Stellmachers zählten auch große Arbeitsgeräte für die Feldbestellung, den Obstbau (Pflug, Egge, Baumleiter) und für die Arbeit in Stall und Hof (Schemel, Böcke (z.B. als Unterstellbock für den Waschzuber oder die Schlachtmolle).  Für weitere Arbeitsgeräte, sowohl für die Feld- und Waldarbeit, als auch für Arbeiten auf dem Hof (Sense, Säge, Axt, Beil, Hacke, Heu- und Getreiderechen, Heu- und Mistgabel), stellte der Stellmacher im Wesentlichen nur die Stiele her. Die Produktion des eigentlichen Gerätes war Schmiedearbeit. Oftmals kamen die Menschen  mit Reparaturaufträgen in die Stellmacherwerkstatt, denn ihre Arbeitsgeräte waren im Dauereinsatz und gerade in den steinigen Böden des Erzgebirges starker Belastung ausgesetzt. Daneben gab es auf den Wegen und unbefestigten Straßen vergangener Jahrhunderte häufig Rad- und Achsenbrüche. 

Mit dem Alter sprödes gewordenes Holz  geht früher oder später zu Bruch, wenn es starken Stößen ausgesetzt wird. Um seine Kunden mit möglichst langlebigen Produkten zu versorgen, legt der Stellmacher auf die Auswahl des Holzes besonderen Wert. Anders als Tischler oder Zimmermann, die vorwiegend gerade gewachsene Stämme verarbeiten, suchte der früherer Stellmacher Stämme aus, die für die zu erarbeitende Form schon ideal gebogen waren. Damit waren hoch belastete Teile durch eine Maserung, die durch das gesamte Werkstück führte, in idealer Weise stabil. Solches Holz wächst am Besten im Hangwald, wo junge Bäume von der Schneelast talwärts gebogen werden und im Frühjahr wieder nach oben weiter wachsen. Wenn gerade gewachsenes Holz gedämpft und mit der Maserung gebogen wird, wie es der moderne Stellmacher tut, erhält man eine ähnliche Stabilität.

Die Hölzer für den Stellmacher wurden schon nach dem Holzeinschlag für die künftige Verarbeitung zu bestimmten Produkten unterschiedlich zugeschnitten und gelagert.

Ein Wagen besteht aus Fahrgestell und Aufbau. Den Aufbau gibt es als Leiterwagenaufbau (wie hier im Bild), als Kastenwagenaufbau und anderen. Der Leiterwagen wurde für Heu und Getreide benutzt und der Kastenwagen für Früchte wie Kartoffeln, Rüben, Obst, etc. Die Seitenwände werden durch Rungen auf den Achsen abgestützt. 

Der Aufbau liegt auf den Achsenstöcken des Fahrgestells auf, das sich aus dem Vordergestell, dem Hintergestell, der Deichsel und dem Langbaum zusammensetzt. Das Vordergestell besteht im Wesentlichen aus dem Achsenstock, der die Achse mit den Rädern aufnimmt und den Deichselarmen, an denen die Deichsel und die Bremsvorrichtung befestigt sind. Der Langbaum verbindet die hinteren Enden der Deichselarme mit dem Hintergestell. Auch das Hintergestell besteht aus einem Achsenstock, der die Hinterräder trägt. Manche Wagentypen verfügen auch über eine Bremseinrichtung für die Hinterräder. Dann bildet ein über den hinteren Armen liegendes Flacheisen mit Haken die Aufhängung für den Bremsbalken. Der Balken wird über eine Kette an die Räder gezogen.

Die Untergestelle stellt der Stellmacher aus widerstandsfähigem Eichenholz  her. Um dieses Holz zweckmäßig zu lagern, werden die Stämme entrindet und entweder im Ganzen oder in Bohlenbretter aufgeteilt, zwei bis drei Jahre lang getrocknet. Für Deichselstangen wird zum Beispiel Birke verwendet, weil sie leichter als andere Hölzer ist und dabei eine hohe Zähigkeit besitzt. Die langen Ernteleitern fertigt der Stellmacher aus leichterem Nadelholz und auch Pappel. Für die übrigen Bestandteile des Wagens kann der Handwerker, je nach Vorrat und Landessitte Esche, Eiche, Birke oder Rotbuche wählen. 

Anders verhält es sich jedoch bei der Herstellung der Wagenräder. Hier achtet der Stellmacher auf eine besonders gute Qualität des Holzes.

Beim Bau des Rades beginnt er bei der Nabe. Sie ist aus Ulmen– oder Eschenholz, das auch dann nicht reißt, wenn man die Zapfenlöcher für die Speichen hineinstemmt. Radnarben werden in der Regel schon im frischen Zustand gedrechselt, gebohrt, dann aufgeschlichtet und langsam getrocknet. Bei Drechseln muss der Handwerker die Abmessung und Form laufend mit dem großen Tastzirkel nachmessen. Beim kleinsten Fehler wäre die Nabe verdorben. Besonders schwierig ist dann das Ausstemmen der Zapfenlöcher für die Speichen. Die Nabe wird dazu in ein Gestell gespannt und zunächst zentriert. Je größer das Rad ist, desto mehr Speichen muss es haben, damit es der Belastung standhält. Große Ackerwagen haben meist 12 Speichen. Der Abstand der Zapflöcher wird mit dem Zirkel markiert. Dann werden sie mit einer Bohrwinde vorgebohrt. Um die Winkelung des Rades zu erhalten, wird der nötige Winkel an der Vorder– und Rückseite der Zapflöcher mit Hilfe einer Lehre festgelegt. Bei der Lehre handelt es sich um eine einfache Holzleiste, die genau in der Mitte des Nabendurchmessers angeschraubt wird. An dieser Leiste sitzt in der Höhe einer Speiche ein Pflock, der den Sitz des Winkels anzeigt. 

Die Löcher für die Speichen werden dann etwas kleiner ausgestemmt als die Speichenzapfen dick sind, damit die Verbindung später, auch ohne Lein, sehr fest ist. Um die Speichen dann in die Öffnung schlagen zu können, wird die Nabe erst gekocht, wodurch das Holz für kurze Zeit weicher wird. Nach dem Trocknen sitzen sie ganz fest.  Als zusätzlicher Schutz vor dem Aussplittern zieht der Stellmacher um die Nabe zwei metallene Ringe auf.

Radfelgen sind am stabilsten, wenn sie aus gesundem ast- und kernlosem Holz so gespalten werden, so dass die ebenen Stücke in Spaltrichtung fallen. Normale Stärken für Felgenhölzer sind 8, 9 und 12 cm. Entsprechend wurde der Stamm in Bohlen aufgeteilt. Es ist auch möglich, die Felgen zu schneiden, allerdings sind sie weniger haltbar. Denn besonders dort, wo der Sägeschnitt die Jahrringe kreuzt, ergeben sich Schwachpunkte, an denen die Felge bei einem plötzlichen Stoß brechen kann. Der Felgenkranz besteht aus einzelnen Segmenten. Sie schneidet der Stellmacher mit Hilfe einer Schablone aus, von denen er verschiedene, je nach Radform und –größe, besitzt. Für jedes Felgenstück sind zwei Speichen vorgesehen. Die Löcher dafür werden gebohrt.

Nun sind noch die Speichen zu fertigen. Hierfür nimmt der Stellmacher  Eschenholz, das wegen seiner Elastizität geschätzt wird. Der Eschenstamm wird in Abschnitte gesägt und aus diesen werden die Rohlinge gespalten. Anschließend schnitzt sie der Stellmacher zurecht und arbeitet mit Säge und Stemmeisen einen rechteckigen Nabenzapfen heraus. Damit sich dieser besser in das Zapfenloch hineinschieben lässt, werden die Kanten des Zapfens leicht gefast. Sind alle Speichen fertig, steckt er sie in die noch eingespannte Nabe hinein. Mit Hilfe der Felgenstücken zeichnet er dann die Länge der Speichen an und die Länge des runden Zapfens, der in das Loch der Felge geführt werden soll. Diesen Zapfen arbeitet er mit einem Hobel heraus.

Ist das hölzerne Rad fertig, bringt er es der Stellmacher zum Schmied. Der umgibt es noch mit einem Eisenreifen, um ihm mehr Stabilität zu geben und es  vor Abrieb zu schützen.

Hierzu wird das Rad flach auf den Boden gelegt, der Eisenreifen rotglühend erhitzt und in diesem Zustand zur Felge gebracht. Da das Holz sofort zu schwelen beginnt, muss der Reifen sehr vorsichtig abgesenkt werden. Sobald der Reifen mit der Felge in Berührung kommt, beginnt das Hämmern und Ausrichten. Dann wird der Reifen sofort mit kaltem Wasser gekühlt, sonst könnte das Holz zu brennen anfangen. Durch das Abkühlen und damit das Schrumpfen des Eisenreifens verstärken sich die Radverbindungen. Zum Schluss lässt man das Rad in einem Wasserbehälter endgültig abkühlen. Ist dies mit den vier Rädern geschehen und hat der Schmied auch die Einzelteile des Wagens verbunden, werden die Räder auf die Achsen gesteckt und dort fixiert. Nach dem Einspannen der Pferde wird es nun auch Zeit für die erste Fahrt.

Wie wir es bei der Herstellung des Leiterwagens gesehen haben, war der Stellmacher bei der Fertigstellung seiner Produkte auf die Mitwirkung des Schmieds angewiesen. Deshalb lagen die Werkstätten dieser beiden Handwerker oft in unmittelbarer Nachbarschaft. Der Schmied fügte die vom Stellmacher gefertigten Einzelteile mit Hilfe von Beschlägen, Ketten, Federn, Achsen u.a. zusammen oder trug Teile aus seiner Produktion bei, um ein Ganzes entstehen zu lassen. Auf diese Weise erhielten Sensenblätter, Hacken, Schaufelblätter, Hammerköpfe einen Stiel und Pflugschare und Eggenzinken einen Rahmen und wurden so erst zu einem nutzbaren Werkzeug. (ctb)

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