Die Glasmacher

Die ältesten Glashütten lagen weit vorgeschoben in den Wäldern und somit weitab von den nächsten Siedlungen. Deshalb wohnten die Glasmacher zumindest in den Sommermonaten, in denen an den Glasöfen gearbeitet wurde, unmittelbar daneben, wie Reste von Haushaltkeramik vom Terrain der ehemaligen Hütte Frauenbach I belegen. Aus der Gründungszeit der Heidelbacher Glashütte ist nur der Besitzer bekannt, dem es oblag, die Schmelze mit mithilfe bestimmter geheimer Rezepte zu mischen, die Gläser zu blasen und den gesamten Prozess zu überwachen. Er arbeitete darüber hinaus mit mindestens drei bis vier Glasmachern noch in den anderen Gewerken, wie Holzfällen, Aschebrennen und Hafenmachen selbst mit und war so als Besitzer in alle Fertigungsprozesse integriert.

Spätestens durch die Purschensteiner Holzordnung von 1588 wurde die Glashütte Heidelbach sesshaft. So errichteten sich auch die Glasmacher ihre Wohnhäuser in Seiffen unmittelbar neben dem Terrain der Hütte. Der Glasmeister Nicol Preußler bewohnte seit dieser Zeit das Seiffener Erbgericht, denn er war der Ortsrichter und nahm so eine hervorgehobene Position im Dorf ein. Nach ihm bekleideten dieses Amt mehrere Glasmacher. Erst 1680 übernahm mit dem Steiger Hans Langer das Amt ein Vertreter der Bergleute.

Neben Persönlichkeiten der Grundherrschaft, wie Pfarrer, Richter und Schösser, wurde im Kirchenbuch bereits 1601 Nicol Preußler mit der Berufsbezeichnung Hüttenmeister genannt. Bereits 1614 werden hier auch einfache Glasmacher genannt, während Bergbauberufe erst 1624 – ein Pingensteiger – ein Berggesell gar erst 1644, erwähnt werden. Sowohl die Ausübung des Amtes des Ortsrichters, als auch die frühe Nennung von Glasmachern in den Kirchenbüchern belegen, dass die Glasmacher in Seiffen bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts die sozial stärkste Berufsgruppe darstellten.

Zur Beseitigung der enormen Zerstörungen, die der 30-jährige Krieg hinterlassen hatte, wurde auch sehr viel Glas benötigt. Der Hüttenmeister Nicol Preußler baute deshalb nicht nur die alte Glashütte wieder auf, sondern errichtete eine weitere Hütte in unmittelbarer Nähe. Aufgrund des guten Geschäftsganges, von dem auch die Glasmacher und die in den Nebengewerken Beschäftigten partizipierten, konnte er sich ein repräsentatives zweigeschossiges Wohnhaus mit sechs Stuben bauen.

Nachdem die neue Glashütte und mehrere Gebäude 1714 abgebrannt waren, kaufte der ehemalige Direktor der Porzellanmanufaktur Meißen, Berg- und Kammerrat Michael Nehmitz, das gesamte Anwesen. Bereits 1722 verkaufte er es für 11.000 Taler an seine Frau Dorothea Sophia geborene Lichtwer, die die Hütte mit großem unternehmerischem Geschick führte, die gesamte Anlage in eine Glasmanufaktur umbaute und selbst in Dresden ein hohes Ansehen genoss.

Eine gesellschaftliche Differenzierung ist aus den unterschiedlichen Berufsbezeichnungen wie Glasmacher, Scheibenmacher und auch Schraubenmacher nicht zu erkennen. Dies änderte sich jedoch in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, als sich die Tätigkeiten an der Glashütte spezialisierten. Glasmaler und Glasschneider, die anfangs auf der Hütte arbeiteten und seit dieser Zeit ihre Tätigkeit im eigenen Wohnhaus ausführten, hatten ein wesentlich höheres Einkommen als die Glasmacher am Ofen. So hinterließ der Glasmaler Thomas Hetze der Neuhausener Kirche nach seinem Tod im Jahr 1662 für einen Kelch 50 Taler, 100 Taler für eine Glocke und 20 Taler für die Seiffener Kirche, die eventuell für die Glasspinnen verwendet wurden.

Von der Heidelbacher Glashütte kamen Caspar, Wolf, Georg und Paul Schindler, die zu den frühesten nachweisbaren Glassschneidern nördlich der Alpen gehören. Caspar und Wolf sind 1610 in Dresden als Glasschneider nachweisbar. Während Caspar den Titel Hofglasschneider erhielt, kam Wolf 1628 nach Heidelbach zurück. Besonders Georg Schindler hat für den böhmischen und sächsischen Glasschnitt eine große Bedeutung. Er ging 1610 nach Prag, wo er mit Hofglasschneidern des böhmischen Königs Caspar Lehmann zusammenarbeitete, war anschließend in Jablonec/Gablonz tätig und kam 1628 als Glasschneider und Glashändler nach Dresden. Paul Schindler arbeitete ebenfalls in Dresden, seit 1633 in Holstein-Gottrop und ging später nach Kopenhagen.

Unter den Exulanten aus Böhmen, die nach Heidelbach kamen, waren hervorragende Glasmaler und Glasschneider. Sie gingen später, wohl des besseren Verdienstes wegen, an die Brühl’sche Glasmanufaktur nach Dresden. Glasmaler wandten sich auch der Porzellanmanufaktur Meißen zu und bemalten nun Porzellan.

Auf dem Gelände der Heidelbacher Glashütte standen im Jahre 1722 zwölf Gebäude. Das größte Gebäude war das frühbarocke Herrenhaus, wo der Verwalter wohnte. Im 2. Herrenhaus, auf dessen Grundmauern die Gaststätte errichtet wurde, wohnte die Familie des Hüttenmeisters. Gleichzeitig befand sich in diesem Gebäude die Flusssiederei zur Herstellung der Pottasche. Da dies ein sehr übel riechender Vorgang war, wurde diese Einrichtung wenig später in ein separates Gebäude ausgelagert. Ein kleines Wohnhaus, das man nach dem Glasmacher Markert als Markerthäusel nannte, hatte im Erdgeschoss zwei Stuben. In jeder befanden sich ein Ofen mit eisernem Topf [so genannte Wasserblase] und mit blecherner Röhre, Ofenbank und Wandbank, eine Holztreppe führte ins Dachgeschoss, wo sich zwei Kammern befanden. Hier wohnten Glasmacher mit ihren Familien, die oft nur kurze Zeit auf der Hütte arbeiteten. Neben dem Labor, dem Back- und dem Milchhaus, waren Kuh- und Pferdeställe. Bei den Tieren befanden sich stets auch Bettstellen, auf denen die Mägde und Knechte schliefen.

Alle auf dem Hüttengelände wohnenden Angestellten zinsten an den Hüttenmeister, dieser an den Grundherrn. An der Glashütte Heidelbach arbeiteten jedoch zahlreiche Glasmacher, deren Familien über mehrere Generationen in Seiffen und Heidelbach ansässig blieben. Sie zinsten direkt an die Grundherrschaft. Die den Erbzins abgaben, besaßen ein Grundstück, auf dem ihr kleines Wohnhaus stand. Darüber hinaus zahlten einige Glasmacher Hutweidenzins, was auf eine kleine Landwirtschaft hinweist, andere zahlten den Spinnzins. Da auf der Glashütte oft unregelmäßig gearbeitet wurde, betrieben sie ein Nebengewerbe, in den meisten Fällen war dies Landwirtschaft.

Die Kirchenbücher berichten jedoch auch davon, dass sich Glasmacher aufgrund ihrer Armut keine Hochzeit leisten konnten, andere werden aus gleichem Grund ohne Grabrede beerdigt. Um 1770 trat erstmals die Berufsbezeichnung „Glasarbeiter“ auf. Der Glasmacher stand nun nicht mehr in der etwas hervorgehobenen gesellschaftlichen Position, sondern war zum einfachen Lohnempfänger geworden

Neben den Arbeiten am Ofen und den Veredlungen waren noch weitere Tätigkeiten in einer Glashütte notwendig. Der erste Fachmann, den die Quellen neben den Hüttenmeistern nennen ist der Aschebrenner. Er musste das sonst unverwertbare Holz – Stöcke und alte Bäume – auswählen und zu Asche verbrennen. Diese besondere Verantwortung unterstreicht ausdrücklich der Kontrakt von 1611, in dem es heißt, dass zum Aschebrennen nur Personen eingesetzt werden dürfen, die ihre Pflichten kennen und … welche umb das aschen brennen guten bescheid weißen… damit allerhand Schaden verhütet bleiben möge. Der Glasmeister hatte nicht nur den Ascherzins an den Grundherrn zu entrichten, er haftete auch persönlich für Waldschäden, die beim Aschern entstanden. Der Schürer hatte während des Glasbrennens den Ofen nicht nur schlechthin zu heizen, sondern über eine lange Zeit bei konstanter Temperatur zu halten. Aschebrenner und Schürer wohnten ebenfalls im eigenen Häuschen. Patenschaften selbst bei Kindern des Hüttenmeisters deuten wohl an, dass sie nicht zur ärmsten Schicht im Dorf gehörten.

Neben diesen Berufen waren auch Frauen als Einbinderinnen der Fertigwaren und Kinder als Einträger, die das noch heiße Glasprodukt zum Kühlofen trugen, auf der Glashütte tätig. Allerdings werden sie in den Quellen nur selten genannt. Einzig eine Köchin, die um 1820 auf der Glashütte arbeitete, nennt das Kirchenbuch. Jedoch waren bereits Ende des 18. Jahrhunderts auch Frauen als Glashändler tätig, die entweder hausieren gingen oder ihre Ware auf den Markt nach Freiberg brachten.

Glasmacher waren freie Menschen, die meist in Seiffen und Heidelberg, aber auch in Oberseiffenbach und Katharinaberg/Hora Sv. Kateřiný wohnten und hier bis in das 17. Jahrhundert hinein nicht zu den armen Menschen der Gesellschaft zählten. Danach jedoch kam es auch unter ihnen verstärkt zur Armut. Zahlreiche Glasmacher mussten einen Nebenverdienst aufnehmen, um die Familie auch in Zeiten ernähren zu können, in denen die Glashütte nicht arbeitete. Manche Jahre arbeitete die Glashütte lediglich neun Wochen. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts, aber auch als 1826 der Glasofen für immer gelöscht wurde, nahmen einige von ihnen das Drechseln als Ersatzgewerbe auf.

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