Erzgebirgische Verlegefamilien

Grünhainichener Verleger

Wie bereits erwähnt, waren in Grünhainichen besonders früh Holzwarenhändler tätig. Bereits 1613 bot der Händler Christoph Wagner auf der Leipziger Messe Holzwaren an. Eine besondere Rolle spielte die Familie Oehme. Bereits im Jahr 1760 erlitt Johann Christian Oehme beim Bombardement auf Dresden einen Schaden an Pferden, Wagen und Ware in Höhe von 600 Thalern, was eine für damalige Zeit enorme Summe darstellte und auf eine starke Geschäftstätigkeit hindeutet. 1789 gründete Johann David Oehme, er pflegte bereits weltweite Handelsbeziehungen und war vor allem durch sein soziales Verhalten bekannt, seine Firma.

Georg Carl Oehme begann 1787 seine Verlagstätigkeit im nahen Waldkirchen, wo noch heute das imposante Verlegeranwesen von der Bedeutung dieser Firma kündet. Ihm folgte Carl Heinrich Oehme, der für die Werbung 1840 ein wunderbares Musterbuch herstellen ließ. Es ist das älteste Musterbuch, das hauptsächlich erzgebirgische Erzeugnisse präsentiert, denn dieser Verlag handelte nur mit Waren aus dem Seiffener und Grünhainichener Spielwarengebiet. So betrieb man auch eine Niederlage in Rothenthal, die sich in der alten Schule befand. Neben deutschen Abnehmern hatten die Oehmes auch Kunden in den USA, Frankreich, England, Holland, Belgien und der Schweiz. Es war bei Kaufleuten üblich, dass die Söhne ein Praktikum in England oder in den USA absolvierten. So arbeitete auch Paul Johannes Oehme um 1900 bei der Firma F. A. O. Schwarz in New York. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörten zu dieser Firma zwischen 30 und 50 Arbeiter und Angestellte, was für einen Verlag enorm große Zahlen darstellten.

Noch 1957 kam ein Kaufmann aus der BRD in die Firma Oehme und schlug Herrn Oehme vor, er möge „Western“ Artikel herstellen. Daraus entwickelte sich ein riesiges Geschäft, so dass z. B. der ehemalige Betrieb „Ullrich & Hoffman“, der für Puppenmöbel bekannt war, umgerüstet wurde und bis 1990 nur „Western“-Artikel herstellte. Man hatte demzufolge den Kontakt nicht mit den staatlichen Stellen aufgenommen, sonder mit einer alteingesessenen Firma, deren Geschäftsgebaren man kannte und für vertrauenswürdig hielt.

Olbernhauer Verleger

Der wohl erste Verleger in Olbernhau war Gottlob Semmler. Er begann, wie viele seiner Branche zu dieser Zeit, als Leinwandhändler. 1760 kaufte er das Haus Markt 10, das heute noch in alter Schönheit zu bewundern ist. Um seine Kapitaldecke zu erhöhen, schlug er der Regierung vor, zehn Aktien in Höhe von je 1200 Talern auszugeben. Wahrscheinlich erhielt er auf diesem Wege kein Geld, eröffnete dennoch im Jahr 1783 einen Verlag und lieferte bereits im Folgejahr 25 Kisten und 1785 gar 200 Kisten mit der spanischen Silberflotte „in verschiedene mehrtheils außer Europa liegende Länder“. In den Jahren darauf belieferte Semmler Firmen in Nürnberg, Venedig, Amsterdam, London, Archangelsk und in anderen Städten.

In Olbernhau arbeiteten zu dieser Zeit lediglich Schachtelmacher. Der Purschensteiner Gerichtsdirektor bestätigt, dass Semmler die meisten Drechsler in Heidelberg und Seiffen beschäftigte. Semmler selbst meinte, dass er auch am besten von allen Verlegern zahlt und er dennoch die Ware sehr billig verkaufen kann. Alle 14 Tage transportierte ein Olbernhauer Fuhrmann seine Ware nach Leipzig. Gottlob Semmler scheint ein sehr erfolgreicher Unternehmer gewesen zu sein. Nach seinem Tode übernahmen seine Frau und sein Sohn den Verlag. Dieser war schon vorher Bürger der Stadt Leipzig geworden und seine Mutter folgte ihm bald. Damit begann der Niedergang dieses Unternehmens. Hatte sich bereits der Vater zu hoch verschuldet? War der Sohn nicht so ein guter „Netzwerker“, wie es sein Vater war? Dieser Verlag wurde bald nach dem Tod seines Gründers 1789 geschlossen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts arbeiteten lange Zeit, trotz hoffnungsvoller Ansätze und trotz hervorragender Lage, nur zwei Verleger in Olbernhau. Als entscheidender Grund dafür gilt die handwerklich-zünftige Struktur der Bevölkerung, die sich ab 1815 noch intensiver mit der Gewehrherstellung beschäftigte. Olbernhau war zu dieser Zeit der bedeutendste Ort der sächsischen Gewehrproduktion. Erst nach den Niedergängen dieses Gewerbes und fast gleichzeitig des Leinewandgewerbes, wandten sich arbeitslos gewordenen Meister und Gesellen verstärkt der Spielwarenherstellung zu. Verlagsgründungen kommt 1861 das sächsische Gesetz zur Handels- und Gewerbefreiheit sehr entgegen. Im gleichen Jahrzehnt wurden sechs weitere Verlage gegründet und in den 1870er Jahren kamen weitere hinzu. Zu dieser Zeit waren in Grünhainichen lediglich sieben und in Seiffen drei Verlage in Umgang.

Valentin Albrecht Grundmann betrieb im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts einen Verlag mit außerordentlich umfangreichem Warenangebot. Zum Vertrieb nutzte er Musterbücher. Er war damit nicht der Erste, der in Olbernhau derartige „Kunstwerke“ zur Verkaufsförderung einsetzte, bereits um 1865 ließ der Verlag „August Herrmann Nachfolger“ ein Spielzeugmusterbuch herstellen. Grundmann ließ sein Sortiment in drei Musterbüchern in sehr hoher Qualität darstellen. Trotz dieser hervorragenden Werbemittel kam Grundmann in finanzielle Schwierigkeiten und gab seinen Verlag wohl um 1890 auf. Die Musterbücher befinden sich heute im Museum Olbernhau.

Bereits 1863 gründete Carl Alexander Nötzel einen Verlag in Grünhainichen. Zwölf Jahre später kaufte er ein Anwesen für 15.300 Mark in Niederneuschönberg, das zu dieser Zeit bereits eine interessante Geschichte hatte, die 1638 mit der Urbarmachung des Grundstücks durch Christian Bach begann. In der Folgezeit gehörte es „Gränz-, Zoll-, Accis- und Geleitseinnehmern“ und ab 1757 wurde hier eine Kunst-, Schwarz- und Schönfärberei betrieben, bevor das Anwesen 1780 von Johanna Friedricke Semmler mit „Genehmigung ihres Ehemanns Johann Gottlob Semmler, vornehmer Kauf- und Handelsherr in Olbernhau“ erworben wurde. Auf dem Grundstück befanden sich mehrere Gebäude, die sich als Warenlager, die der erfolgreiche Verleger Semmler benötigte, gut eigneten. Nach dem Tod des Verlegers Semmler verkaufte die „verwitwe Johanna Friedericke Semmlerin“ das Grundstück am 5. Dezember 1789 an den Färber Carl Gottlob Bilz.

Carl Alexander Nötzel hatte sich ein Grundstück herausgesucht, dessen Lage und Bebauung seinen Ansprüchen als Spielwarenverleger entsprach. Mit großem kaufmännischen Geschick und Verständnis für die Produzenten baute er eine erfolgreiche Firma auf. Am 20. August 1894 wurde der Verlag Carl Nötzel anlässlich der „Erzgebirgischen Gewerbe- und Industrieausstellung zu Freiberg für hervorragende Leistung mit der Silbernen Ausstellungsmedaille“ ausgezeichnet, was in damaliger Zeit eine außerordentlich hohe Anerkennung darstellte. Bereits vor 1910 starb der Verlagsgründer Carl Alexander Nötzel. Das Geschäft übernahm seine verwitwete Frau Agnes Rosamund Nötzel.

Der Verlag hatte viele Kunden in den USA, was ihm besonders während der Inflation in Deutschland zugute kam, da die Geschäfte in dieser Zeit in US-Dollar abgewickelt werden konnten. Intensive Geschäftsverbindungen bestanden zu der New Yorker Firma F. A. O. Schwarz. Bei eben dieser Firma hatte bereits der Grünhainichener Verleger Paul Johannes Oehme um 1900 ein Praktikum absolviert. Aus den 20er Jahren stammt ein Musterbuch der Firma Nötzel, dass in sofern eine Besonderheit ist, da es den Übergang von einem gezeichneten zu dem gedruckten Musterbuch darstellt, denn viele einzelne Artikel wurde fotografiert oder als gezeichnete Lithografien, die oft sehr alt sind, in das Buch eingeklebt.

Nötzel benutzte, auch wie die anderen Verleger, als Verpackungsmaterial Stroh und Heu. Aus dem Jahr 1924 stammt ein Brief, mit dem der Verleger angewiesen wird, Heu entweder gar nicht zu verwenden, oder es vorher sterilisieren zu lassen, und dies war unbedingt vom zuständigen Konsul der USA zu bestätigen. Holzwolle dagegen darf uneingeschränkt verwendet werden. Grund für diese Anweisung der US-Regierung war die zu dieser Zeit in Deutschland grassierende Maul- und Klauenseuche, die nicht in die USA eingeschleppt werden sollte.

Auch in den 30er Jahren arbeitete der Verlag sehr erfolgreich. Kurz vor Kriegsende soll Nötzel angewiesen worden sein, seine Gebäude, vor allem die Böden, aus Furcht vor Bränden bei eventuellen Bombentreffern, komplett zu räumen. Leider wurden dadurch fast alle Bestände an alter Ware vernichtet. In die 80er Jahre beendete der Verlag seine Tätigkeit, der zu dieser von Wolfgang Nötzel geführt wurde.

Eine exportstarke Firma war der Verlag Otto Scheibner’s Nachfolger. Dieser Verlag wurde bereits um 1900 mit einem elektrischen Aufzug zum Warentransport ausgerüstet, was ebenfalls auf einen umfangreichen Warenumschlag schließen lässt. Die Firma hatte eine Vertretung mit Musterlager in Amsterdam. Der Verlag wurde mit den Firmen A. F. Zschaschler, gegründet 1847, und Robert Zöppel vereinigt, der in Düsseldorf und London Niederlagen betrieb. Nach Menzel waren um 1925 mehr als 40 Verlagsgeschäfte in Olbernhau tätig. Bis 1925 wurden diese Firmen vom Verlag R. Barth & W. R. Barth aufgekauft.

1922 gründete Kurt Mühl, der in Grünhainichen eine kaufmännische Lehre absolviert und sich mehrere Jahre in den USA aufgehalten hatte, einen Verlag im Rungstocktal. Er baute sein Geschäft mit viel Geduld auf und er wurde sehr erfolgreich. 1976 übernahm sein Sohn Wolfgang Mühl die Firma.

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