Vom Geleitswesen

Anfangs wurden die Händler durch Bewaffnete von Ort zu Ort geleitet. Dieser persönliche Geleitschutz war notwendig, wenn die Straßen vor Überfällen nicht sicher waren. Die ortskundigen Begleiter boten auch Schutz vor anderen Gefahren, zum Beispiel durch die Witterung, und konnten entweder selbst ausreichende helfen oder schnell Hilfe aus der dem nächsten Ort oder dem Herrschaftssitz (der Geleitsburg) heranholen. Dieser Schutz wurde dem Reisenden, gegen Zahlung eines Geleitgeldes, zunächst angeboten, später aber zur Pflicht. Die Höhe der von jedem Fuhrmann oder Reisenden zu zahlenden Geleitbeträge waren in einer Geleitordnung festgelegt. So oft nun die Fuhrleute an eine Landesgrenze kamen, und das geschah an manchen Tagen mehrmals, wechselte das Geleit und der Kaufmann musste erneut zahlen.

Mit dem ausgehenden 14. Jahrhundert änderte sich die Lage zunehmend. Bedingt durch die Verflechtung der Wirtschaften und die Spezialisierung und Arbeitsteilung nahm die Zahl der regionalen und überregionale Warentransporte zu. Oftmals war es nicht mehr möglich, eine ausreichende Zahl von Bewaffneten als Geleitsschutz bereit zu stellen.
 
Die Verantwortung für eine solche Geleitstelle, in der sich oft auch die Wohnung des Geleitseinnehmers befand, wurde an einen vertrauenswürdigen Untertanen des Grundherrn vergeben, entweder in einem Angestelltenverhältnis oder auch innerhalb eines Pachtvertrages.
Die Höhe der Entlohnung richtete sich nach der Höhe der Einnahmen, was den tüchtigen Geschäftsmann sicher motivierte, all seinen Aufgaben gerecht zu werden. Dabei war er auf die Mitarbeit mehrerer Angestellter angewiesen, die er selbst kontrollierte und bezahlte.
 
Wenn der Andrang an seiner Zollstation groß war, wird der Geleiteinnehmer, einen Gehilfen benötigt haben, der ihn beim Ausstellen der Geleitbriefe und der Buchführung unterstützte. Von allen Durchreisenden war der Namen und seine persönliche Herkunft zu notieren, das Reiseziel, die Ladung und die Bespannung, dazu noch den letzten und den nächsten Geleitsort. Die genannten Angaben und die gezahlten Gebühren hatte der Schreiber mit dem Datum auf kleine Zettel zu notieren und dem Kaufmann oder Fuhrmann zu übergeben. Der legte diesen Zettel dann am nächsten Geleitsort vor, um aufs Neue die erforderlichen Angaben zu machen, erneut Gebühren zu zahlen und einen Zettel für die nächste Geleitstelle zu empfangen. Das ging so bis zum endgültigen Ziel fort.
 
Damit jeder Reisende selbst ersehen konnte, wie hoch sein Geleitbetrag ausfiel, war vor jeder Geleitstelle eine Geleitstafel aufgestellt. Auf dieser waren die gängigsten Waren verzeichnet und deren entsprechender Geleitbetrag.
 
Die Wegemänner hielten die Straßen im Zuständigkeitsbereich der Geleitstelle in gutem Zustand, damit der Verkehr problemlos fließen konnte und sich möglichst keine Unfälle ereigneten.
 
Eine Geleitmannschaft, bestehend aus Geleitreitern und -knechten, begleiteten Fuhrmannstrosse oder kontrollierten die Wege und Straßen an der Gebietsgrenze. Hiermit sollten Geleitumgehungen verhindert werden, die Einnahmeeinbußen bedeutet hätten. Darüber hinaus war es ihre Aufgabe für Sicherheit des Verkehrs zu sorgen und die Wegemänner zu überwachen. Die Geleitreiter waren mit Faustrohr und Degen bewaffnet. Diese Waffen und das Pferd waren ihr persönliches Eigentum, für das sie selbst zu sorgen hatten. Oft hat dabei das Gehalt nicht für das Futter des Pferdes genügt.
 
Am Anfang wurde der Verkehr auf den Straßen durch die Einrichtung des Geleits gefördert, weil er sich sicherer und reibungsloser vollzog. Da diese Einrichtung aber bald zu einer lukrativen Einnahmequelle für den Grundherrn eines Landes wurde, schossen die Einnahmestellen für das Geleit sowohl an Haupt- als auch an Nebenstraßen wie Pilze aus dem Boden. Wie schon erwähnt, gab es in der Grundherrschaft Purschenstein drei Geleitsstätten, an der Hasenbrücke bei Neuwernsdorf, am Schloss Purschenstein und in Sayda. Spätestens im 17. Jhd. waren auch an den Grenzübergangsstellen in Deutschneudorf, Deutscheinsiedel und Deutschkatharinaberg Zollstellen eingerichtet.
 
Aus einer den Handel und Wandel beschützenden Maßnahme wurde sehr schnell eine Verkehrsbehinderung. Das belastete die Menschen in deutschen Ländern besonders, angesichts der Kleinstaaterei. Nicht nur dass an jeder Landesgrenze eine neue Geleitzahlung fällig wurde, die Landesherren schrieben den Fuhrleuten und Reisenden die Benutzung bestimmter Straßen in ihrem Hoheitsgebiet vor. Diese waren so gewählt, dass kein Fuhrmann sie ohne Geleitgeld benutzen konnte und die Fuhrleute möglichst lange im Gebiet des einen Herrschers fuhren, damit entsprechend hohes Schutzgeld gezahlt werden musste. So war es nicht verwunderlich, wenn Bauern, Fuhrleute, Händler usw. versuchten, auf Feldwegen oder durch Wälder den Geleitgeldern zu entkommen. Auf solchen Tricks standen, wenn sie denn entdeckt wurden, hohe Strafen.

Geleitseinnehmerfamilie Stephan/Steffen

In den Personenstandsbüchern der Kirchgemeinde Neuhausen mit dem Schloss Purschenstein findet sich im 17. Jahrhundert zum Beispiel eine Familie Steffen/Stephan, die sogar über mehrere Generationen hinweg für die Geleitstelle am Ort verantwortlich war. Zuerst ist hier Johann Stephan zu nennen, der von 1607 bis 1668 in Neuhausen lebte. Er stammte vermutlich von dem Seiffener Bauern und Dorfrichter Lorenz Steffen (ca. 1480-1561) ab. Es ist erwiesen, dass ein Teil seiner Nachkommen, nach Neuhausen umzog. Johann Stephan war bei der Herrschaft von Schönberg auf Purschenstein als Zoll– und Geleitseinnehmer und als Schütze angestellt.

Sein Sohn Johann (1643-1715) übernahm später die väterliche Stelle und war zugleich noch Forstbediensteter und Schulz (Gemeinde-vorsteher) in Neuhausen. Johanns (II.) Sohn Christian (1645-1716) schien dann hauptamtlich Tischler gewesen zu sein, nahm aber noch die Steuer für den Binnenhandel (Accis) ein. Ein George Steffen, der 1666 in Neuhausen geboren war, arbeitete später in Deutschneudorf als Huf– und Waffenschmied und auch als Zolleinnehmer. Gottfried Böhme (geb. um 1680) aus Katharinaberg wurde zu Anfang des 18. Jhd. Churfürstlicher General-, Land- und Acciseinnehmer.*

*Accise – ein Binnenzoll. Akzisen wurden auf Grundnahrungsmittel (zum Beispiel Roggen, Weizen, Hopfen oder anderes Getreide beziehungsweise Mehl), auf Lebensmittel (Zucker, Salz, Fett, Fleisch), Genussmittel (Tabak, Kaffee, Tee, Bier, Sekt), auf Vieh oder auf den sonstigen Verbrauch erhoben.

Warentransport über die Geleitstelle zu Sayda vom 10. bis 15. Juli 1772

TagNameGut
10.Gottlob Wolf1 Wagen Getreide
Sophia Schmidtin1 Pferd
Georg Friedrich Neubauer1 Wagen Bretter
11.Catharina Lorenz1 Trage Obst
12.Friedrich Kaden1 Schiebebock Schwamm
Samuel Reichelt2 Tragen Schwamm
Christian Stephan1 Wagen Salz
Christoph Bach2 Schiebeböcke Schwamm
Anton Franke1 Güterwagen
Christina Pilzin1 Trage 1/2 Hose, Butter
13.Johann Hubisch1 Schiebebock Hopfen
Eleonore Drechsel1 Trage 1/2 Hose, Butter
Christiane Mörretin1 Trage 1/2 Hose, Butter
14.Joseph Bienert3 Schiebeböcke Zwirn
Marianne Bartzschin1 Trage Erdbeeren
Christian Bach1 Wagen Cramer Waaren
Gottlieb Lorenz1 Wagen Salz
Carl Öhmisch1 Ziegenbock
15.Gottlieb Schmidt1 Trage Holzwaaren
Georg Neubert1 Wagen mit 6. Ztn. Glas
Gottlieb Lorenz1 Wagen Schindeln
Catharina Lorentzin1 Trage Kirschen

Das Wegegeld auf der Straße durch den Seifner Grund 1765

a) Von jedem Zugtier an besetzten oder unbesetzten Personenfuhrwerken oder Schlitten 5 Pfennig
b) von jedem Pferd oder Maultier 5 Pf.
c) Von jedem frei getriebenen oder geführtem Tier: Pferd, Ochse, junge Stiere, Maultiere, Esel, Kuh und Kalb 3 Pf.
d) Kälber, fohlen, Ziegen, Schafe, Lämmer und Schweine unter 3 Stück 1 Pf.
e) bei größerer Anzahl für je 3 Stück 2 Pf.

Geleittafel von Hermsdorf (Gera) aus dem Jahr 1598

1 Leiterwagen, der volle Last trägt8 Groschen
1 Salzwagen oder Karren vom Pferd1 Pfennig
1 Kornwagen, führt er es in Säcken vom Sack1 Pfennig
1 Tonne Honig6 Pfennig
1 Tonne Heringe3 Pfennig
1 Tonne Fische 6 Pfennig
1 Stein Wolle3 Pfennig
1 Karren Hirse 1 Groschen
1 Karren Gerste 2 o. 3 Groschen
1 Karren Obst1 Groschen
1 Hose (längliches Holzgefäß) Butter3 Pfennig
1 Seite Speck3 Pfennig
1 Karren mit Zwiebeln1 Groschen
1 Kufen Wein von 9 Eimern (ca. 540 Liter)2 Groschen
1 Fass Wein von 5 Eimern (ca. 300 Liter)1 Groschen
1 Karren Hopfen 1 Groschen
1 Fass Naumburger Bier6 Groschen
1 gemästetes Schwein oder Ochse3 Pfennig
1 Hundert Schafe 12 Groschen
1 Schaf3 Heller
1 ledig Pferd3 Pfennig
1 Kübel Waid (Färberwaid) (92,5 Liter)5 Pfennig
1 Fuder Sensen oder Sicheln vom Schock3 Pfennig
1 Kupferwagen3 Groschen
1 Karren Bücher1 Groschen
1 Mühlstein1 Pfennig
1 Zentner Fass Pech3 Pfennig
1 klein Ballen Leinwand2 Pfennig
Wer Bauholz fährt, gibt vom Pferd1 Pfennig
So eine Braut vorüber führet, gibt man ein Pfühl oder Kissen6 Groschen
1 Jude6 Groschen

12 Pfennige = 1 Silbergroschen

Umrechnung in Kilogramm:

1 Leiterwagen volle Last
1 Salzwagen
1 Tonne = 98,24 Liter (Dresden)
1 Fuder = 824 Liter = Ladung eines Zweispänners
1 Hose = 12 dresdner Kannen = 12,16 Liter
1 Sack = 6 Scheffel = 24 Fass = 233,4 Liter
1 Schock = 60 Stück
1 Stein = ca. 5 – 10 kg?

Catrin Tolksdorf-Bilz

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