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Bergknappschaften – Unterstützung in der Not

Heutzutage werden alle größeren Berufsgruppen in verschiedenen Belangen durch ihre Gewerkschaften vertreten. Die Wurzeln der stärksten dieser Interessensvertretungen, der Metallarbeiter bzw. Bergbaugewerkschaft, reichen bis in den spätmittelalterlichen Bergbau zurück. 

Im erzgebirgischen Bergbau hatten sich in der zweiten Hälfte des 14. Jhd. Bergknappschaften oder Bruderschaften, zur gegenseitigen Unterstützung, insbesondere gegen die Gefahren des Berufs, gebildet. Sie waren Glaubensgemeinschaften, die einen Schutzheiligen verehrten  und in Kirchen und Kapellen eigene Altäre unterhielten. 

Die Knappschaft verlangte von ihren Mitgliedern ein   ehrbares, christliches Leben. Sie zahlten   Beiträge für die Unterhaltung der Altäre (Kerzen, Leuchter, Kelche) und die Bezahlung des Priesters. Im Wesentlichen dienten die Gelder aber der gegenseitigen Unterstützung bei Krankheit und Invalidität, der Versorgung von Waisen und Witwen und der Abdeckung von Begräbniskosten.  

In Seiffen nahm die Bergknappschaft erst Anfang des 18. Jahrhunderts feste Formen an. Der späte Zusammenschluss liegt wohl in der lang praktizierten   Eigenlehnertätigkeit begründet, bei der die Bergleute unabhängig voneinander und allein arbeiteten. Später wurde auf Grund technischer Schwierigkeiten die Zusammenarbeit mehrerer Bergleute nötig und es erwachte der Gemeinschaftssinn. 

1703 unterschrieben 34 Personen eine Knappschaftsordnung, im Jahre 1716 weitere 22. In Seiffen regelte man in der Knappschaft vor allem den Begräbnisakt, das Hauptquartal zur Fastnacht und die Abrechnung vor offener Knappschaftslade. 

Die Ordnung der Knappen verlangte ein christliches Leben. Die tägliche Arbeit begann für jeden Bergmann mit einer Andacht aus Gebet und Gesang. 

Die wohl erste Kirche in Seiffen wurde 1570 erbaut. Sie war um 1775 so marode, dass man eine neue erbaute, die 1779 geweiht wurde. Bis 1833 mussten die Seiffener nach Neuhausen zum Gottesdienst laufen, denn bis dahin blieb die Seiffener Kirche lediglich eine Quartalskirche. Beerdigungen jedoch fanden in der Seiffener Kirche statt und wahrscheinlich war die Zeremonie einer Beerdigung mit der Seiffener Begräbnisbrüderschaft ein besonders eindrucksvolles Erlebnis. 

Da der Inhalt der Knappschaftsordnung das damalige soziale Verhalten und dessen gewünschte Entwicklungsrichtungen aufzeigt, sollen hier einige Passagen wiedergegeben werden:

Jedes Jahr zur Fastnacht soll im Gericht oder an einem anderen beliebigen Ort das Hauptquartal gehalten werden, bei dem Rechenschaft über die Einnahmen und Ausgaben der Knappschaft gegeben wird.

Für das Verhalten während des Hauptquartals gab es strenge Bestimmungen:

So war vor und während der Mahlzeit ist das „Tobaktrinken“ verboten. Bei geöffneter Lade und vor der Mahlzeit war auch jegliches Spiel verboten. Beim geselligen Zusammensein war es mit Erlaubnis des Bergmeisters oder des Bergältesten gestattet, es durfte jedoch nicht um Geld gespielt werden. Keiner soll den anderen Lügen strafen oder beschimpfen.

Die Artikel 14 bis 24 beschäftigen sich mit dem Hauptzweck der Knappschaftsordnung, dem ehrenvollen Begräbnis der Bergleute und ihrer Angehörigen:

„Wenn ein Mitglied der Knappschaft zu Tode abgehet, sollen alle in Person mit Mänteln und Flor ehrbar und christlich erscheinen oder eine tüchtige Person schicken, die Prozession zu zieren.“ 2Das gleiche Recht der Bestattung durch die Knappschaft haben auch die Witwen der Bergleute und unverheiratete Kinder.

Der festgelegten Reihenfolge nach soll durch die Knappschaftsmitglieder im schwarzen Mantel und Trauerflor das Grabbitten erfolgen, also das Benachrichtigen der Leute von einem Todesfall.

Auch das Tragen der Leichen erfolgt der vorbestimmten Reihe nach durch Knappschaftsmitglieder, nur sie sollen diesen Dienst übernehmen. Die Mitglieder der Brüder- und Knappschaft sollen beim Trauerzug gleich hinter den Trauerleuten nach einer festgelegten Reihenfolge „zwei und zwei“ gehen und sich der christlichen Ehrbarkeit und Sitten und züchtigen Gehens befleißigen und auch nicht unordentlich ineinander laufen und sich großen Geplauders und Gelächters ernstlich enthalten.

Auch Nichtmitglieder, so war es bereits 1686 festgelegt worden, können – allerdings gegen entsprechende zusätzliche Bezahlung – von der Knappschaft zu Grabe getragen werden. Wenn auf dem adligen Haus Purschenstein Trauerfälle eintreten und die Bergleute in Trauermänteln oder Bergkitteln dabei sein sollen und dafür eine Ergötzlichkeit bekommen, soll diese in die Knappschaftskasse fließen. Jeder Bergmann soll sich einen Grubenkittel anschaffen und zu Feierlichkeiten mit Grubenkittel und Lichtern erscheinen. Die Trauermäntel sollen aus dem Vermögen der Knappschaft angeschafft werden.

„Die Grabezeichen sollen jedes Mal dem Grabbitter, welcher die Brüder- und Knappschaft an der Türe nach der Rolle verlesen soll, wieder eingehändigt werden.“ Bei den Grabezeichen handelt es sich um bei das Leichentuch, Sargschilde aus Zinn und ein Sargauflegekreuz. Der Trauermantel oder die anderen der Knappschaft gehörenden Geräte oder Gefäße dürfen bei Strafe des Ausschlusses nicht mit nach Hause genommen werden, das heißt, sie sind im Bergamt oder im Erbgericht aufzubewahren.

In feierlichem Ton ist der 25. Artikel der Ordnung gehalten: „Wie nun vorhergesetzte Ordnung auf nichts anderes als Gottes Ehre, christliche Ehrbarkeit und des Bergfleckens Seiffen Aufnehmen, denen seithero ziemlich eingerissenen Unordnungen und allerhand Ungleichheiten aber künftig zu steuern und zu wehren angesehen, so erbieten sich alle Brüder- und Knappschaftsmitglieder durch einen öffentlichen Handschlag und Namensunterschrift sich allstets nach solchen Verordnungen zu verhalten. Sollte aber wieder Verhoffen von ein und dem andren wieder diese wohlmeinende Ordnung gehandelt werden, wollen sie in die angesetzte Strafe verfallen sein.“ Neben dem Bergamtssiegel folgen die Unterschriften der 34 Mitglieder. Zuerst unterschrieb der Bergmeister Georg Michael und gleich nach ihm der erste Bergälteste Christoph Ulbricht, der damals zu den reichsten Leuten in Seiffen zählte.

Einige Kostenaufstellungen für den bergmännischen Schmaus sind erhalten geblieben: 1704 werden für die etwa 35 Bergleute 36 Pfund Rind- und 31 Pfund Kalbfleisch besorgt, dazu für 17 Groschen und 6 Pfennige Brot und für 3 Groschen Zebbeln (Semmeln). 1709 werden zusätzlich noch 4 Kannen Branntwein und diverse Beilagen wie Safran, Salz, Käse, Eier, Quitten, Essig und Muskatblätter erwähnt. 1711 wird auch eine Tonne Bier zum Preis von 1 Taler und 18 Groschen erwähnt. Der Schmaus war demzufolge stets ein besonderes Fest, denn die tägliche Ernährung war bei den armen Bergleuten nie so reichhaltig. Deshalb versammelten sie sich nicht nur zu Begräbnissen oder Festtagen, sie protestierten 1714 gemeinsam gegen den Pfarrherrn und den erstrebten Habitzwang. Eine Bergmannstracht, wie sie in anderen Orten üblich war, wurde in Seiffen nie eingeführt. Eine Tracht, die zu Zusam-menkünften der Knappschaft und zu Feierlichkeiten getragen wurde, hätte Kosten verursacht, die man nicht tragen konnte. Mit dem Erlöschen des Bergbaus im Seiffener Revier und der Auflösung des Bergamtes im Jahr 1849 wird auch die Arbeit der Knappschaft geendet haben.

Etwa 120 Jahre nach Ende des Seiffener Bergbaus gingen Interessierte auf die Spuren der Vergangenheit. Eine Bergbauforschergruppe wurde gegründet, die 1987 bei Bauarbeiten den alten „Segen – Gottes – Erbstolln“ entdeckte und in der Folgezeit begehbar machte. Dort unten im Stolln keimte auch die Idee, eine Knappschaft ins Leben zu rufen. Am 29. August 1991 traten die 25 Mitglieder der Bergknappschaft das erste Mal in ihrer historischen Tracht auf. Inzwischen präsentieren 70 Mitglieder  Seiffen deutschlandweit und auch im Ausland. (ctb)

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