Glas- und Steinschneider an der Heidelbacher Hütte

Im Jahre 1552 kam der Glasmacher Kaspar Schindler von der Glashütte Crottendorf an die Glashütte Heidelbach bei Seiffen. Seine Söhne und Enkel Caspar, Wolf, Georg und Paul Schindler sollten für den europäischen Glasschnitt besonderen Einfluss erlangen. Mit der Kunst des Glasschnittes beschäftigte man sich an der Heidelbacher Hütte wahrscheinlich bereits um 1600, jedoch stellte sich wohl das hier erzeugte Glas als zu hart für den damaligen Glasschnitt heraus.

Caspar Schindler ist bereits ab 1610 in Dresden als Glasschneider nachweisbar (Abb. 60). Während er bald den Titel eines „Hofglasschneiders“ erhielt, blieb seinem Vater, dem Glas- und Wappenschneider Wolf Schindler, eine Bestallung versagt. Nach zahlreichen diesbezüglich ergebnislosen Gesuchen kehrte Wolf 1628 nach Heidelbach zurück, übte hier jedoch allein die Glasmalerei aus. Als Glasschleifer wurde Wolf Schindler nicht mehr erwähnt.

Georg Schindler ging zuerst in die böhmische Edelsteinstadt Turnau/Turnov und übt sich hier wohl auch im Edelsteinschnitt, einer dem Glasschnitt sehr nahen Technologie. Danach arbeitete er auf der Grünwalder Hütte bei Gablonz/Jablonec n. N. als Glasschneider. Seine nächste Station war Prag, wo er am Altstädter Ring seine Werkstatt besaß und von 1610 bis 1627 der Prager Glasschneidezunft angehörte. Georg Schindler arbeitete hier sehr eng mit Caspar Lehmann zusammen. Lehmann hatte sich um die Entwicklung des europäischen Glasschnittes große Verdienste erworben, arbeitete zeitweise auch in Dresden und galt als der beste Glasschneider seiner Zeit. Kaiser Rudolf II. erhob ihn auch deshalb 1601 zum Kammeredelsteinschneider. Prag galt in dieser Zeit als die Hochburg des Glasschnittes. Mit den modernsten Kenntnissen um das Glasschneiden (Abb. 61) ausgerüstet, wandte sich Georg Schindler nach Dresden, erwarb 1628 das Bürgerrecht dieser Stadt und arbeitete hier als sowohl als Glasschneider als auch als Glashändler. Georg Schindler hatte an der Verbreitung des böhmisch-sächsischen Glasschnittes einen sehr großen Anteil.

Der ebenfalls in Seiffen und an der Heidelbacher Glashütte aufgewachsene Paul Schindler erlernte das Glasschneiden wohl bei seinem Bruder Georg in Dresden. Von 1633 bis 1670 arbeitete Paul in mehreren Glashütten Norddeutschlands, souch in Hamburg. Um 1652 stand er im Dienst des Herzogs Friedrich III. von Holstein-Gottorp, wo ihn sein Bruder Georg eine Zeit lang, wohl bei der Erledigung eines umfangreichen Auftrages, unterstützte. 1661 rief König Frederik III. von Dänemark Paul Schindler, sicher aufgrund seiner hervorragenden Arbeiten nach Kopenhagen. Hier war er als „Glasschneider und Siegelstecher“ tätig. Paul Schindler starb 1689 in Kopenhagen.

Die aus der Heidelbacher Glashütte stammenden Caspar, Wolf, Georg und Paul Schindler zählen zu den frühesten Glassschneidern nördlich der Alpen.

Obwohl das Steinschneiden die ältere Technik ist, übten im Seiffener Raum zuerst die Glasschneider ihre Kunst aus, bevor das Steinschneiden in dieser Region aufkam. Bereits seit 1672 ist Georg Seidel aus dem böhmischen Weißwasser/Bílá Voda in Heidelbach nachweisbar. Ebenfalls aus Böhmen kamen die Glasschneider Heinrich Müller (1680) und Antonius Schwedler (1692). Erst diese drei böhmischen Glasschneider brachten ihre Veredelungstechnik an die Heidelbacher Hütte und führten andere Personen in die Glasschneidekunst ein. Zu diesen Personen gehörten auch Glasmeister und Glasmaler. Schwedler und Müller verließen 1701 Heidelbach und gingen an die vom Grafen Brühl neugegründete Glasmanufaktur Dresden. Der Heidelbacher Glasschnitt konnte ein gutes Niveau bis mindestens zum Siebenjährigen Krieg halten. Es entstanden hier zwar nicht die prunkvollen Pokale, aber die Qualität hatte dennoch ein solches Niveau, dass die Erzeugnisse, vor allem die Trinkgläser und Flaschen, in den anspruchsvollen sächsischen Hofkellereien stetige Abnehmer fanden (Abb. 64). 

Der Glasschnitt stand in engem Wechselverhältnis und auch in Konkurrenz zum Steinschnitt. In Heidelbach waren Stein- und Glasschnitt besonders verbunden. Unweit der Glashütte entdeckte man eine Amethystlagerstätte, die der Edelstein- und Wappenschneider Johann Kaspar Schmieder ab 1730 als Rohstoffquelle nutzte. Gleichzeitig war er an der Glashütte als Glasschneider tätig. Im 18. Jahrhundert war das Steinschneiden im Seiffener Winkel eine verbreitete Kunst. Abraham Christoph Stephani, der ab 1732 sehr erfolgreich an der Dresdener Hütte als Glas- und Steinschneider arbeitete, erlernte seine Kunst an der Heidelbacher Glashütte. Sowohl die Glasschneider als auch die Steinschneider der Heidelbacher Glashütte brachten ihre Künste auf ein hohes Niveau und verbreiteten sie in Europa. 1768 erwähnt das Kirchenbuch den letzten Glasschneider und 1778 den letzten Edelstein- und Wappenschneider in Seiffen. (A. K.)

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