Köhler

Der Wald lieferte früher neben Nahrungs- und Heizmittel, vor allem mit seinen Bäumen die Basis für ein immer technischer werdendes Leben. Glas, Pech und Holzkohle stellte man im Wald her. Während die Glasherstellung hier im Abschnitt 4.4. beschrieben ist, soll nun auch die Holzkohle- und Pechherstellung betrachtet werden. Dabei spielte natürlich auch der Transport des Holzes aus dem Wald zu seinen Abnehmern eine bedeutende Rolle. Transporte von Feuerholz waren mit Gespannen aus energetischen Gründen nur zu Zielen sinnvoll, die höchsten zwei Stunden entfernt lagen. Aber auch der Transport etwa für Bau- und Grubenholz, für Maschinen, sowie Fahrzeuge, Schiffe etc. war teuer und oft langwierig. Wie gelangte das Holz zu den Verbrauchern?

„Der Köhler muss frieren“

„Wild, wüst und wölfisch“ beschrieb der Erzgebirgschronist Christian Lehmann den Wald im 17. Jahrhundert, in dem der Kohlebrenner damals schürgte. Einst grub er Erdmulden, warf Holz und Reisig hinein, überdeckte dies mit Erde und ließ den Brand darunter langsam schwelen, bis die Grubenkohle fertig gebrannt war (Abb.65).

Später lernte er, den kunstvollen Meiler zu bauen. Auf ebenem lehmigen Boden, locker mit Rindenstückchen und Fichtennadeln bedeckt, damit das Wasser durchsickern konnte, grenzte er kreisrund die Kohlstatt ab. In der Mitte stieß er eine Stange in den Boden und stapelte trockenes, mürbes Brennholz und legte auch die Zündschnur ein. In vier Stockwerke schichtete der Köhler das zu verkohlende Holz, sodass sich die Form eines gewölbten Backofens ergab (Abb. 66). Mit Fichtenreisig, Erde und Rasen  wurde der Meiler luftdicht vermummt. Nur die Zündstelle und wenige Zuglöcher nahe am Boden blieben offen. Gegen den Wind baute der Köhler eine Wand aus Wurzelstöcken und Baumstämmen. Nach fünf bis sechs Tagen harter Arbeit war der Aufbau vollendet. Mit den Worten „Walts Gott!“ ließ der Köhler die Flamme zur Mitte des Rundbaues laufen. Mit dem Schürbaum stieß er während des zehn Tage langen Schwelbrandes weitere Löcher in die Decke. Auch wurde von oben noch eine ganze Menge Holz nachgelegt, wenn das Kohlholz im Meiler sich langsam verzehrte. Besonders gefährlich war es, wenn der Köhler auf einem Stamm, dessen Äste als Leitersprossen gestutzt waren, später auf einer einfachen Holzleiter zum Kranz des Meilers emporkletterte, um Luft zu schaffen oder den Kranz abzudecken (Abb. 67). Mit seiner Köhlerkeule, ein grüner, schwacher Stamm mit keulenförmigem Wurzelstock, stampfte er die Deckschicht aus Erde, Laub und Farnkraut fest. Es kam vor, dass der einsame Köhler dabei einbrach und elendiglich im eigenen Meiler verbrannte.

Bis zum 1. Weltkrieg arbeiteten bis zu sieben Männer gemeinsam an einem Meiler So konnte jeder einmal zum Schlafen nach Hause gehen (Abb.68). Danach war oft nur ein Köhler am Meiler, der allenfalls noch einen Gehilfen hatte. Neun Tage brannte der Meiler. Neun Tage hatte der Köhler keine Ruhe. Immer musste er als aufmerksamer Wächter um den rauchenden Kegel herumlaufen und aufpassen, dass ja nicht irgendwo die hellen Flammen herausschlagen. Begann der Meiler lichterloh zu brennen, waren alle Arbeiten umsonst.

Etwas Ruhe fand er auf dem Strohsack seiner niedrigen Köhlerhütte, auch Kohlkram genannt (Abb. 69). Wenn sich der Köhler abends 8 Uhr schlafen legte, trieb ihn schon 10 Uhr die Kälte zum ersten Mal von seinem Lager. Die Köhler meinten, sie müssen nachts frieren, sonst würden sie zu fest schlafen.  So fand 12 Uhr der nächste und früh 4 Uhr der letzte Kontrollgang statt, bevor er 6 Uhr aufstand. Tagsüber hackte er Holz für den nächsten Brand oder für den Windfang, ließ dabei natürlich seinen Meiler nie außer Acht. Gemeilert wurde, je nach Auftragslage, das ganze Jahr über. 

Sehr große Meilerplätze des Erzgebirges befanden sich in Olbernhau – Blumenau und in Pockau – Görsdorf. Hier endete die Flöße auf der Flöha. Das Holz, das auch aus den entlegensten Forsten im sächsischen Kammgebietes stammte, wurde hier entnommen, zu Holzkohle gemeilert und in den typischen Korbwagen zu den Hütten ins ca. 30 km entfernte Freiberg gefahren. Im Wald zwischen Blumenau und Hutha zeugen noch heute die bis 12 m tiefen Hohlen von der Intensität der Holzkohletransporte nach Freiberg.

Die Anzahl der Kohlenmeiler nahm natürlich durch die Nutzung der Braun- und Steinkohle ab.  Dennoch waren Köhler um 1900 noch bei Sosa, Morgenröthe, Carlsfeld und Hirschenstand / Jelení und anderen Orten tätig. Bis 1964 arbeitete der Kohlenmeiler bei Ansprung. In Sosa, wo seit 700 Jahren Kohlenmeiler arbeiten, wurde bis in die 70er Jahr mit den alten Erdmeiler gearbeitet. Seitdem wird die Holzkohle in großen Stahlbehälter für gewerbliche und private Kunden hergestellt. Hier und auch in Eibenstock und Tharandt halten Köhlervereine mit ihren Köhlerfesten das alte Handwerk der Köhler in Erinnerung.

In vielen Wäldern des Erzgebirges findet man noch heute vor allem an Berghängen die typischen Ebenen von ca. 20 m, die die Köhler für ihren Kohlenmeiler anlegten (Abb. 70). Die schwarze Erde und Reste von Holzkohle belegen noch eindeutig, dass hier ein Kohlemeiler stand. (A. K.)

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