Pech gehabt

Pech, eine meist zähflüssige, schwarze Masse, ist der älteste Kunststoff der Welt, denn es wurde bereits vor 80.000 Jahre hergestellt. Noa dichtete damit seine Arche ab. Das Körbchen, in dem Moses kurz nach seiner Geburt auf dem Nil trieb, war mit Pech abgedichtet und beim Turmbau zu Babel nutze man Pech als Bindemittel zwischen den Lehmziegeln.

Die vorindustrielle Pechherstellung geschah in Pechöfen und Griebenherden, wobei Baumharz stets den Grundstoff darstellte. Zum einen wurden 90 bis 120-jährige Kiefern, Fichten, Tannen und Lärchen, aber auch Birken und Buchen, schräg angeritzt und am unteren Ende ein Topf befestigt, der das Harz auffing (Abb. 89). Ab Februar entrindete der Harzer den Baum und brachte den Sammeltopf an. Anfang März wurde der Stamm angeritzt und das Harz begann in den Topf zu fließen, welcher aller sieben Tage geleert werden musste. Dieses Baumharz kam in die Pechhütte, wo man es kochte und die Verunreinigungen, so genannte Greiben oder auch Griefen, abschöpfte. Nebenprodukte waren dabei Ruß, Terpentin und Kolophonium, die vor allem in der Papier-, Lack-, Seifen- und Schuhcremeindustrie Verwendung fanden. Die Grieben wurden mit Griebenherden „nachgearbeitet“. Diese waren entweder Steinquader, bei denen eine Kalotte ausgemeißelt und mittig mit einem Loch versehen wurde oder ein Metallkessel (Abb. 87). In diese Kalotte baute der Pecher einen Kegel aus Grieben und Holz, den er mit Erde abdichtete. Währende des Schwelbrandes floss das Pech in den darunter stehenden Topf  (Abb. 86). 

Pech fand eine breite Anwendung. So verwendete man es, um Eimer und Fässer abzudichten (Pichen) und um die Naben der Wagenräder zu schmieren. Man versetzte das Pech mit Leinöl und erhielt eine Salbe, mit der man Pferdehufe pflegte. Auf den Vogelherden rieb man Äste mit Pech ein, um Vögel zu fangen. Bei der Verteidigung von Burgen kippte man heißes Pech aus den „Pechnasen“ auf die Angreifer. Die, die von der heißen, schwarzen Flüssigkeit getroffen wurden hatten „Pech gehabt“.

Einen der ältesten Hinweise auf Pechherstellung im Erzgebirge gibt vielleicht der bei Rehefeld in die Freiberger Mulde mündende „Becherbach“.Es scheint jedoch, dass das Pechen im Osterzgebirge ansonsten nicht betrieben wurde, denn es fehlen sowohl entsprechende Flurnamen als auch archivalische Hinweise. Anders dagegen im Westerzgebirge. So gehörten zum Privileg für die Marienberger Glashütte von 1486 u. a. auch die Harzgerechtigkeit und das Betreiben einer Pechütte. Die Pechherstellung war so lukrativ, dass Glasmeister Preußler die Glasherstellung um 1650 einstellte. Zum Harzen hatte er die riesengroßen Waldflächen zwischen Wagenbach und Hilmersbach zur Verfügung. Allerdings nutzte Preußler die Harzbefugnis zu stark, so dass kurfürstliche Kommissare, die diese Wälder 1659 inspiziert hatten, feststellten, dass das übermäßige Ausharzen die Bäume so schädige, dass ihr Holz weder als Gruben-, noch als Kohlholz verwendet werden könne. 

Daraufhin legte man gesonderte Reviere fest, deren Holz für die Bergwerke, für Kohlholz oder zum Verkauf auf dem  Holzmarkt vorgesehen war. Jedem Harzer wurden Forsten zugewiesen. Obwohl Preußler gelobt hatten, die Anordnungen einzuhalten, harzten er dennoch an unerlaubten Orten und mussten dafür 300 Thaler Strafe zahlen, die der Annaberger Knappschaft zum Bau Ihrer Bergkapelle zu Gute kamen. Allerdings übertraten viel Harzer die Vorschriften, sodass zur Kontrolle eine kurfürstliche Pechfaktorei eingerichtet wurde, in der ein Pechfaktor und mehrere Pechsteiger arbeiteten. Die Harzgerechtigkeit der Preußlers ging 1716 endgültig an die Stadt Marienberg, die aus den 600 ha großen Wolkensteinischen Holzwaldungen jährlich ca. 12 Zentner Pech produzierten und dafür ca. 63 Thaler erhielten. Die Pechhütte dieser Stadt befand sich vor dem Annaberger Tor. 1827 verkauft der Marienberger Stadtrat die Rechte des Harzens und Pechens an die Königliche Pechniederlassung in Schwarzenberg. Er erhielt dafür jährlich 7,5 Zentner Pech, das hauptsächlich die Brauereien erhielten. Im Jahr 1853 wurden diese Lieferungen mit 1003 Thalern abgelöst. 

Im Westerzgebirge und vor allem im Vogtland war das Harzen und Pechen sehr verbreitet. Hier findet man häufig den Flurnamen Pechhütte, ja man kann sogar noch Griebenherde finden. Ab 1850 löste die industrielle Pech- bzw. Teerproduktion, das Pechen in den Wäldern immer ab. In dem kleinen vogtländischen Ort Eich legte Georg Christoph Piering im Jahr 1795 mit einem Griebenherd die Grundlage für ein Unternehmen, welches dennoch heute Pech produziert. (A. K.)

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