Holz- und Spielwaren und ihre Hersteller im böhmischen Erzgebirge

Während in der Nachkriegszeit bis zur Samtenen Revolution 1989 die Spielwarenherstellung im böhmischen Erzgebirge nur sehr selten Thema in der Literatur war, erschienen seit 1995 einige bemerkenswerte Aufsätze zu diesem Thema. Im Folgenden sollen die im Gebiet um Kallich bis Georgendorf/Česky Jiřitín und von St. Katharinaberg/Hora Sv. Kateřiny bis zu den Orten Oberleutensdorf/Litvínov und Obergeorgenthal/Horní Jiřetín einst hergestellten Holzwaren aufgeführt werden. Zu manchen Erzeugnissen konnten die Hersteller ermittelt werden, manche können gar im Bild gezeigt werden.

Hauptsächlich werden einschlägige Literatur des 19. Jahrhunderts und Artikel der in Teplitz-Schönau erschienen Erzgebirgszeitung ausgewertet. Natürlich gehört auch das Erinnerungsbuch von Erich Philipp dazu. Die Abbildungen zeigen hauptsächlich böhmische Erzeugnisse, die auf den Lägern des ehemaligen Spielwarenverlages Fa. Max Hetze, Seiffen aufbewahrt wurden. Nach der Besetzung des Sudetenlandes im Jahr 1938 richtete der „Arbeitsbeschaffungsausschuss des Gerichtsbezirkes Katharinaberg“ einen Aufruf an viele einschlägige Betriebe im sächsischen Spielzeuggebiet, mit der Aufforderung, Aufträge an die böhmischen Hersteller zu vergeben, da im „Altreich“ die Arbeit kaum zu schaffen sei und es in Böhmen an Arbeit mangele. Darin werden 45 Hersteller und ihre Produkte aufgeführt.

Die derzeit frühesten bekannten Hersteller von Holzwaren im böhmischen Erzgebirge sind die Löffelmacher Caspar und Andreas Wagner aus Brandau/Brandov, die 1633 erstmals genannt werden. Die erste Drechselfabrik Böhmens, die man 1784 in Kallich/Kalek gründete, wie auch die wenig später entstandene Zenker-Drechslerei in Katharinaberg, stellten Spielwaren nach „Berchtesgadener Art“, aber auch viele andere Artikel her. Der Verlag C. A. Müller in Oberleutensdorf handelte mit Artikeln aus dem sächsischen und böhmischen Erzgebirge. Dazu werden 1861 Spielwaren aus Holz, Blech und Pappmaché, wie Soldaten, Tiere, Baukästen, Waffen, kleine Möbel, Puppen etc. genannt.

Einen Meilenstein bedeutete die „1. Erzgebirgische Gewerbeausstellung in Katharinaberg“, die 1897 stattfand. Die beiden Herren Göhlert und Lange aus Böhmisch-Grünthal zeigten sauber ausgeführte Federkästen und verschiedene Holzwaren für Schule und Büro. Firmen aus Katharinaberg und Gebirgsneudorf stellten Spielzeug aus, so Alpenlandschaften, Schweizerhöfe und Schießspiele. Die Fa. Gutsmann (Nickelsdorf) zeigte ihre Spielzeug-Pferde zum Reiten.

Aber auch praktische Erzeugnisse, wie Tisch- und Bettfüße, Zahnstocher oder Paketträger mit Reklameadressen waren Exponate der Ausstellung. Die Firmen Vogel (Quinau), Börner (Brandau), Gründig (Einsiedl), Hoyer und Neumann (Katharinaberg), insbesondere aber A. Kulb (Uhrissen) und F. Kulb (Katharinaberg), „erregten mit Küchengerätschaften sicherlich das Begehren aller Hausfrauen.“

Geschnitzte Holzrahmen von A. Mock (Katharinaberg) sah man ebenso wie Uhrgehäuse von Seifert (Brandau). (Abb. 20) Es war alles zu sehen, vom einfachsten Stück, das man auf Jahrmärkten halb umsonst bekommt, bis hin zu komplizierten Erzeugnissen, wie Theater, Puppenstuben, Wagen für Sand und Steine, Krippen, Figuren aus Holz und Pappmaché. Schüler der k. k. Fachschule zeigten modellierte Büsten, geschnitzte Gehäuse und Bilder in Holzbrandtechnik.

In Kallich wurden zu dieser Zeit auch Pfeifenspitzen, Büchsen, Fässchen, Kinderkugeln und –Kegel gedreht und roh verkauft, Sandspiele hingegen erhalten einen Lacküberzug. Im Übrigen wurde zu dieser Zeit wenig Kinderspielzeug produziert. Kallich und Uhrissen waren für ihre hochqualitativen Küchengeräte bekannt. (Abb. 22)

Franz Frankl hielt 1905 seinen Vortrag in Katharinaberg. Darin geht er nicht auf einzelne Artikel ein, fügt jedoch ein Blatt mit zwei Bildern bei, die einen Querschnitt durch das damalige Fertigungsprogramm im böhmischen Erzgebirge geben.

Zwar wird angenommen, dass die böhmische Spielwarenproduktion während des Ersten Weltkrieges völlig ruhte, jedoch belegen Schreiben der Fa. Max Hetze Seiffen, dass zumindest Franz Weißgärber, Katharinaberg, Massefiguren und Franz Freier, Uhrissen, Spinnräder, bis mindestens im Kriegsjahr 1916 herstellten. In den Jahren 1917/1918 sind tatsächlich keine Lieferungen an die Fa. Max Hetze zu belegen.

In den 20er Jahren entstanden viele Schachfiguren und Spinnräder von August Gröschel, Brandau und ebenso von Anton Gröschel, der in der „Gelben Brettmühle“ drehte. Anspruchsvolle Massefiguren stellten auch Emil und sein Sohn Theodor Weißgärber in Katharinaberg her. Ein sehr breites Sortiment stellte Franz Mitheis im Katharinaberger Grund her. Wozu u. a. neben kunstgewerblichen Holzwaren auch geschnitzte Figuren und Leuchter gehörten. Rudolf Kulb aus Brandau schnitzte Aschebecher, Buchstützen, Bilder und Tiere.

Adolf Reichel aus Katharinaberg war ebenfalls ein sehr guter Schnitzer. Er war Lehrer in der dortigen Fachschule. Im Krieg verlor er den rechten Arm und schnitzte mit der Schulter und der linken Hand. Adolf Reichel durfte 1945 in seiner alten Heimat bleiben und bekam von der tschechischen Regierung den Auftrag, das Geschenk zu Stalins 70. Geburtstag zu schnitzen. Es war ein Leuchter mit Motiven aus der Oper „Die verkaufte Braut“. Abb. 30 zeigt zwar drei schlimme Typen, die Reichel 1945 schnitzte, aber die Abbildung verdeutlicht, welch feine Schnitzerei Adolf Reichel beherrschte.

Dörfer produzierten zahlreiche Spielwarenmacher und die Buntheit des Dorfes ist typisch für böhmische Erzeugnisse. Auch größere Häuser, gar mit Strukturlack, stellte man hier her. Crikettspiele waren einfache Produkte, die hauptsächlich über den Verleger Hetze, Seiffen nach England exportiert und von dort in die Kolonien geschickt wurden. Kreisel, Kegel und auch Sandformen wurden auf den Linksdrehbänken beiderseits der Grenze hergestellt.

Räder produzierte die Fa. Edmund Trautsch in Böhmisch Einsiedl. Auch Seiffener Verleger kauften sie und ließen sie an Wagen aus Sachsen und Thüringen montieren. Waschgeräte für Kinder stellte man in Nickelsdorf, aber auch auf sächsischer Seite her.

Mehrere Holzwürfel beklebte man mit sechs bunten, aber unterschiedlichen auf Papier gedruckten Motiven und trennte das Papier. So konnten die Kinder versuchen, der Reihe nach diese sechs Bilder zusammenzusetzen, um ein richtiges Bild zu bekommen. Heute nennt man so etwas „Puzzle“, früher hieß es „Kubus“. Kubusse, waren sehr beliebt und wurden von sehr viele Firmen hergestellt, so von Franz Böhm und Alois Gutsmann aus Gebirgsneudorf.

Naturmaterial wie Baumrinde oder Äste zu verwenden, war in Böhmen sehr verbreitet. Holzspielwaren mit Stimme bot Karl Zenker in Katharinaberg an. Hampelmänner, Holzscheren und Pickhühner fertigte Franz Walter in Katharinaberg. Die Fa. G. R. Walter, Gebirgsneudorf war eine „Fabrik feiner Spielwaren, wie Autos, Eisenbahnen, Fahrzeugen, Fahrtieren, Bauspielzeugen, Puppenstuben, Puppenmöbeln, Steckenpferde usw.“. Heute werden in den Gebäuden dieser Firma immer noch Spielwaren hergestellt.

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