Foto: Dt. Fotothek

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Wie früher ein Haus gebaut wurde

Historische Hausformen im Erzgebirge

Es ist nicht bekannt, wann im Erzgebirge die ersten vom Menschen geschaffenen Behausungen entstanden sind. Frühe Kulturen werden, ebenso wie die Siedler, die ab dem 12. Jahrhundert n. Chr. eintrafen, die Materialien verwendet und auf jene Witterungseinflüsse reagiert haben, die ihnen die Natur vorgab. 

Wandernde Völker errichteten sich Unterkünfte, die wenig Aufwand erforderten, wie zum Beispiel jene kegelförmigen Hütten, an Indianerzelte erinnernde „Kothen“. Ein Autor aus dem 19. Jh. schildert die Konstruktion dieser Bauten folgendermaßen: „Drei Stämme werden ein Stück unter ihrem oberen Ende mit Weiden zusammengebunden und so aufgerichtet, dass sie eine Pyramide bilden, der dann eine kleine mit umgekehrter Spitze oben aufsitzt, dann werden rings im Kreise füllende Stämme angelehnt, die zum geringen Teile auch über die Spitze des Kegels hinausragen. Die Wände der Köthe werden stets mit Rasen oder dergleichen gedichtet und eine Thüröffnung gelassen. Die Köthe ist, wie sich das bei einem Bau, der Schlaf respektive Wohnstätte der Leute ist, von selbst versteht, mit einer Feuerungsanlage versehen, die aber keinen besonderen Rauchfang hat. Die Thür, zufällige Ritze und Spalten verstatten dem Rauche reichliche Gelegenheit zum Abzuge.“

Eine solche Hütte kann von einer Familie innerhalb weniger Stunden errichtet werden. Um das Flechtwerk winddicht zu bekommen, kann man es auch mit Lehm bestreichen. 

Den im Mittelalter im Erzgebirge eintreffenden Mönchen, Bergleuten und Bauern konnte eine solche Behausung vorrübergehend Schutz vor Wind, Wetter, Wasser von oben und unten sowie vor wilden Tieren bieten. Für eine dauerhafte Siedlung eignete sich diese Bauweise jedoch weniger, weil die verwendeten Materialien innerhalb eines Jahres verrotten.

Die Herkunftsregionen der Neuankömmlinge, der Böhmerwald, der Harz, die Pfalz und Franken waren, wie das damals nahezu unberührte Erzgebirge, waldreich. Und so trugen die Menschen nicht nur die für die Holzbearbeitung erforderlichen Werkzeuge mit sich, sondern auch das Wissen darüber, wie man aus dem uralten Baumbestand sichere und langlebige Häuser bauen konnte. So waren vermutlich bald überall im Gebirge  Blockhäuser oder sogenannte „Schrot-holzbauten“ zu sehen. Während bei einem Blockhaus, wir kennen sie noch aus heutigen waldreichen Regionen wie Kanada, Skandinavien und Sibirien, die runden Baumstämme übereinandergeschichtet werden, greifen die Erbauer eines Schrotholzhauses zur Axt und zimmern vierkantige Balken. Die so entstehenden Gebäude haben wegen des viereckigen Balkenquerschnittes, eine vergleichsweise ebene, fugenlose Oberfläche. Wenn die Arbeit sorgfältig ausgeführt wird, müssen die Ritzen zwischen den Stämmen nicht mit Moos oder ähnlichen Materialien ausgestopft werden, um die Häuser abzudichten. 

In den waldarmen Niederungen des Landes war Lehm der Baustoff, der am leichtesten zu beschaffen war. Daraus entstanden Stampflehm- oder Flechtholzbauten, die mit Lehm bestrichen waren. Auch das Wissen, wie ein solches Haus zu bauen war, mussten sich die Menschen sicher nicht erst neu erarbeiten. Häuser aus Lehm findet man weltweit in vielen Kulturen und das schon seit Jahrtausenden.

Es lohnt sich ein Blick auf eine besondere Bauform, die sich im nördlichen wie südlichen Erzgebirgsvorland archäologisch belegen lässt:

Auf dem Treppenhauer bei Sachsenburg (Mittelsachsen) wurden etliche sogenannte „Grubenhäuser“ ausgegraben, die zu der alten Bergarbeitersiedlung „Bleiberg“ gehörten und aus dem 13.-14. Jh. stammen. In dem Bericht der Archäologen heißt es: „Die Häuser waren einheitlich ca. 2 m tief und hatten einen annähernd quadratischen Grundriss. Ihre Maße bewegten sich zwischen ca. 3 x 3 und 4 x 4 m. Die Eingänge, die noch als eingegrabene Treppen erkennbar sind, befinden sich … an der Südost-Seite, d.h. an der dem Wetter abgewandten Seite. Auf den Fußböden wurde ein dunkler mit Holzkohle angereicherter Trampelhorizont angetroffen, z.T. wurden Stellen, an denen Feuer gebrannt hat, festgestellt. In den Häusern sind Pfostengruben erhalten, die von den das Dach tragenden Standpfosten herrühren, oder es war eine Dachauflage auf dem Grubenrand vorhanden. Nach diesen Feststellungen waren die Dachfirste einheitlich NO-SW ausgerichtet.“ Zum Schutz vor Kälte und Stürmen war das Dach nach der Wetterseite und nach Norden tief heruntergezogen, während im Süden Eingang und Lichtöffnungen lagen. 

Solche in den Erdboden eingegrabene Wohnungen und Vorratskammern sind in Mitteleuropa bereits für die Jungsteinzeit mehrfach bezeugt. Gefundene Überreste lassen auf zweiteilige Bauwerke schließen, die sich halb unterirdisch befanden. Deren unterer Teil, eine anfangs trichterförmige Grube, diente der Aufbewahrung von Feldfrüchten. Tacitus schrieb über sie: „Durch Gelasse der Art lindern sie (die Germanen) die Strenge der Kälte, und wenn einmal der Feind einbricht, verheert er das Offene, das Versteckte aber und Vergrabene weiß man nicht, oder es entgeht schon darum, weil es zu suchen ist.“ Der oberer Teil des Bauwerkes war Aufenthaltsort und Arbeitsraum für die Frauen. Der Raum war besonders für die Verarbeitung von Flachs geeignet, weil die Fasern, wegen der vorhandenen Luftfeuchte, geschmeidig wurden und sich so gut verspinnen und weben ließen. Die Pfostenbauweise der Häuser wieß eine geringere Haltbarkeit auf, da die Pfosten direkt in den Erdboden getrieben wurden und aus diesem Grund rasch abfaulten. Zudem war die Stabilität des statischen Systems aufgrund fehlender Aussteifung schlecht ausgeprägt. Nachdem der überirdische Bau in sich zusammenfiel, wurden die Gruben wiederum überbaut. Später konnten sie Keller für ein ebenerdig errichtetes Haus sein oder sie wurden als Abfallgruben verwendet und schließlich zugeschüttet.

Solche Grubenhäuser lassen sich heute im Freilichtmuseum „Mittelalterliche Bergstadt Bleiberg“ sowie im Archäologischen Freilichtmuseum Březno bei Louny/Archeoskanzen Březno u Loun besichtigen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass zwar mit der deutschen Kolonialisierung der Ostgebiete im Mittelalter (10. Jahrhundert) die Bauweise der deutschen Siedler Einzug hielt, wurden aber auch slawische Bautraditionen fortgeführt oder von den Deutschen übernommen, kombiniert und weiterentwickelt. Deshalb stehen im Skanzen Louny auch slawische und germanische Bauformen nebeneinander.

Typisch slawisch war der oben schon erwähnte Blockholzbau. Die Wände entstanden bei diesen Häusern durch das Aufeinanderschichten liegender Hölzer. Das Rundholz kam abwechselnd mit dem dünneren oder dem dickeren Ende des Stammes in eine Richtung zu liegen, um das volle Holz auszunutzen und eine rechteckige Fläche zu erhalten. Die Unterschwellen wurden ohne irgendwelches Fundament direkt auf die Erde gelegt und waren wiederum Angriffspunkt für Feuchte. Die Technik des Holzbaues war zunächst nur wenig entwickelt. Und so griffen die Schwellen einfach, ohne durch Pflöcke oder Klammern gehalten zu sein, ineinander ein und konnten deshalb auch durch heftigen Druck auseinandergerissen werden. Später wurde die Blockwand auf einem Steinfundament oder Hartholzrahmen aufgelegt und die geschichteten Wände hielten an den Ecken mit Hilfe von Holzverbindungen.

Bei diesem Vorwiegen des Holzbaues sind die Berichte von Chronisten über zahlreiche, verheerende Feuersbrünste zu verstehen, die nicht nur durch Blitzschlag oder Krieg entstanden. Sondern selbst die kleinste Sorglosigkeit bei der Handhabung des Feuers konnte eine große Ortschaft rettungslos vernichten. Doch trotz aller Angst mussten die Menschen zur Veränderung ihrer Baugewohnheiten gezwungen werden. Erstmals geschah das im Jahre 1560 mit der Herausgabe der kurfürstlichen Holzordnung. Diese Ordnung schrieb u. a. vor, von der Balkenbauweise auf andere Baumethoden umzusteigen. Weil die Holzvorräte knapp wurden und dringender für die aufstrebenden Wirtschaften, den Bergbau und die Glasmanufakturen, benötigt wurden, sollten Neubauten möglichst aus Stein errichtet werden. In den Städten setzte sich diese Bauweise Schritt für Schritt durch und die Brandgefahr sank. In den Dörfern wurden einfache Fachwerke errichtet, die auf einem kleinen Steinsockel fußten. Besonders einfache Hausbesitzer konnten sich eine noblere Ausstattung nicht leisten, denn Stein war schwerer zu beschaffen. Und ein Steinbau ließ sich nicht mehr von der eigenen Familie errichten. Aber Handwerker kosteten Geld.

Seit dem Hochmittelalter (11.-13. Jh.) wurden die tragenden Pfosten eines Hauses nicht mehr im Erdreich vergraben, sondern auf steinerne Fundamente gesetzt, die Schutz gegen die aus dem Boden aufsteigende Feuchtigkeit boten. Damit ließ sich eine längere Lebensdauer erreichen. Seit dem 15. Jahrhundert setzten die Zimmerleute die Ständer auf durchgehende Schwellen und lösten mit ausgeklügelten Holzverbindungen auch die Stabilitätsprobleme. 

Der Fachwerkbau wurde die gängigste Bauweise im sächsischen wie böhmischen Erzgebirge. Wenn die älteren Fachwerke im Erdgeschoss nach einigen Jahren verfaulten, wurden sie oft durch Mauerwerk ersetzt, wodurch das typische Bild des gemauerten Erdgeschosses und des Fachwerkobergeschosses entstand. Mit der Bauverordnung (Feuerschutzordnung) aus dem Jahre 1779 wurde der Neubau der einfachen Fachwerkbauten verboten. Altbestände lassen sich bis heute finden, allerdings ist das Fachwerk dann ausmauert und nicht, wie ursprünglich, ausgestakt und mit Lehm beworfen. Im Erzgebirgischen Freilichtmuseum Seiffen sind einige Beispiele zu sehen. Fachwerkbauten galten allgemein als ärmlich. Deshalb wurden sie seit dem Barock verputzt, mit Holz verkleidet oder man mauerte wenigstens den sichtbaren Giebel aus. Diese Geringschätzung hielt sich bis in das 20. Jahrhundert hinein. (ctb)

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