Das Neudtschloss, die alte Hohle und die Siedlung Landung/Lesná

Obwohl der Flurname „Raubschloss“ im sächsischen Rothenthal bekannt ist und der steile Felsen an der Mündung des Rossflusses2 in die Natzschung mit „Loupežnická skála“/ Räuberfelsen bezeichnet wird, wusste niemand, dass auf diesem gefährlichen Berg tatsächlich eine Wehranlage existierte. Unter zahlreichen dort handelnden Sagen erzählt eine, dass der hier wohnende Raubritter einen Kaufmannszug überfallen wollte, die Fuhrleute ihn jedoch in die Flucht schlugen und seine Burg anzündeten.

Dennoch schrieb man noch 1985 bei der Erklärung von weiteren Sagen, die ein „Raubschloss“ erwähnen, dass entlang der Natzschung keine Wehranlage bekannt sei. Auch fand ein Interessent auf einer von Matthias Oeder um 1580 gezeichneten Karte den Flurnamen „Neudtschloß zu Brandtner gemein“ (das niedere Schloss) für genau dieses Terrain. Aufgrund dieser Hinweise begab er sich 1986 in dieses Gelände und fand sehr alte Scherben. Diese übergab er an die Archäologin Dr. Eva Černá in Most, die in den Jahren 1987 bis 1989 diese Anlage ergrub.

Sie kam zu dem Ergebnis, dass das Neudtschloß eine Wehranlage war, die nur von ca. 1250 bis um 1300 existierte. Sie war mit eine Holzpallisade umgeben, die die wenigen, einfachen Holzgebäude schützte. In nördlicher Richtung war sie durch einen, heute noch sichtbaren Halsgraben gesichert, der mittels einer Zugbrücke überwunden werden konnte. Die Wehranlage gründete wohl der böhmische König. Wie die Sage beschreibt, bestätigten auch die archäologischen Untersuchungen, dass die Anlage zu Beginn des 14. Jahrhunderts abbrannte und nie wieder aufgebaut wurde.
 
Die Burg umgab keine Siedlung. Jedoch ist der vorüberführende Weg, den diese Wehranlage schützte, sehr interessant. Er zweigte östlich des Dorfes Mittelsaida von der Alten Salzstraße, die von Leipzig über Oederan kam und von hier weiter über Sayda und Böhmisch Einsiedl nach Brüx führte, ab. Das gesamte Gebiet, durch das dieser jetzt beschriebene Weg führte, gehörte zu dieser Zeit zu Böhmen! In Dörnthal befand sich an der Furt durch den Haselbach eine Kapelle, die sicher Ossegger Zisterziensern betrieben.

Durch Pfaffroda, dessen Burg noch nicht gebaut war, ging er vorüber an dem bereits 1207 erwähnten Klosterhof Schönfeld, der ebenfalls von den Zisterziensern betrieben wurde. Weiter entlang der heutigen „Poststraße“, bis zum steilen Auschenkberg, an dem wohl auf einem Felsen ein Wachturm stand. Im späteren Olbernhau, wo eine Furt durch die Flöha führte, hat sich sicher sowohl eine Kapelle, als auch eine Klause befunden, vielleicht war dies die Keimzelle für die heutige Stadt Olbernhau. Von hier führte der Weg, von dem noch viele Hohlen zeugen, entlang des heutigen „Roten-Hirsch-Weges“ hinauf zum höchsten Berg, Höhe 742, und von hier in Richtung Neudtschloß.

Um den nun folgenden steilen Teil des Weges befahren zu können, wurden Felsen bergmännisch ausgehauen. In dieser Zeit folgten die Wege immer den Gegebenheiten des Geländes. Dieser Weg wurde jedoch künstlich mit Steinen ausgesetzt, was zu dieser Zeit etwas absolut Neues war. Im späteren Rothenthal führte eine Furt unterhalb des „Neudtschloß“ durch die Natzschung in das sehr enge Roßflußtal. Von hier aus kann man sich bis Ladung nicht mehr verlaufen, denn die alte Hohle ist bis heute, bis auf ein paar Zerstörungen unterhalb des Steindls/Kamený vrch gut erhalten. Sie wird bei Oeder als „Commothauer Straß“ bezeichnet und führt vorüber, am einstigen Vorwerk, dass heute das Forsthaus ist, vorüber am Zschinnerstein, durch Kleinhan/Malý Háj, das zu dieser Zeit noch nicht existierte, hinauf nach Ladung.

Von hier fiel der Weg steil ab hinunter nach Stolzenhan/Pyšá und Türmaul/Drmaly. Der Ort Türmaul hieß eigentlich „Türmel“, benannt nach einem kleinen Wachturm, der hier den Eingang zum beschriebenen Weg sicherte. Der Bau dieses gesamten Weges, stellt eine hohe technische Leistung dar, die wohl nur auf Geheiß des böhmischen Königs erbracht werden konnte. Dieser Weg stellt zwar die kürzeste Verbindung zwischen dem Raum Freiberg und Komotau dar, aber sie war sehr gefährlich und die Benutzung war nur unter sehr hohem Energieaufwand möglich.
 
Die Siedlung „Ladung“ bekam ihren Namen natürlich dadurch, dass man hier die Ladungen, sei es Salz oder andere Waren, von den Fuhrwerken ab- und umlud und von hier aus den steilen Gebirgsabfall hinab auch getragen wurden. Hier musste ein Vorwerk vorhanden sein, in dem die Pferde gewechselt und versorgt werden konnten, in dem die Fuhrleute manches reparieren, sich etwas ausruhen konnten. Natürlich wollten die Fuhrleute unbedingt beten bevor sie ihre gefährliche Fahrt, ganz gleich in welche Richtung sie weiterfuhren, fortsetzten. So war hier auch eine Kapelle vorhanden. Es musste demzufolge bereits um das Jahr 1250 hier oben eine kleine Siedlung existiert haben. Sie war zu ihrer Zeit die höchstgelegene Siedlung des gesamten Erzgebirges!
 
Ladung gehört zu den ältesten Siedlungen in diesem Gebiet des Erzgebirges. Älter sind lediglich das Vorwerk in Böhmisch-Einsiedl/Mnišek, die Stadt Sayda, die Kapelle und Klause in Brüderwiese, und der Ossegger Klosterhof im heutigen Bad Einsiedel. Die Burg Purschenstein an der Alten Salzstraße und auch die Burg Seeberg/Starý Žeberk waren in Bau. Die Schlösser Eisenberg und Rothenhaus errichtete man später an den „Eingängen“ der neuen Wege über das Erzgebirge. Sie führten über Nickelsdorf/Mikuluvice bzw. über Göttersdorf/Boleboř nach Sachsen und damit an Ladung vorbei, was dadurch zunehmend an Bedeutung verlor.
 
Der Bau dieser hier beschriebenen ältesten Trasse von Mittelsaida über Ladung bis Türmaul war eine rein böhmische Innovation! Sie ist wohl vergleichbar mit dem Autobahnbau in heutiger Zeit. Der Ort Ladung verdankt diesem Weg seine Entstehung. Aus diesen Gründen wäre es unbedingt notwendig, die Reste des Brandauer “Neudtschloßes“ und die alten Hohlen bis hier nach Lesná unter Denkmalsschutz zu stellen, wie das für den Abschnitt von Olbernhau bis nach Rothenthal bereits vor 10 Jahren geschehen ist. Hier wurden Tafeln aufgestellt, die über die Bedeutung dieses Weges informieren. Auf jeden Fall sollten weitere Zerstörungen dieses Weges durch Forstfahrzeuge vermieden werden.
 
Die Bedeutung und Geschichte dieser alten Straße sowie des Ortses Lesná rechtfertigen einmal mehr, den weiteren Ausbau dieses Ortes mit musealen Einrichtungen.

Dr. Albrecht Kirsche

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