Spielwarenhersteller im böhmischen Erzgebirge – Die Familie Weißgärber

Neben Holzspielwaren wurden seit der Ersthälfte des 19. Jahrhunderts im Erzgebirge auch Spielwaren aus modellierbarer Masse, meist Papiermache, gefertigt. Auch auf der böhmischen Seite des Gebirges entstanden eine Vielzahl solcher Figuren, wie ein umfangreicher Katalog der Spielwarenfabrik von C. A. Müller aus Litvinov/Oberleutensdorf im Spielzeugmuseum Seiffen veranschaulicht. Wir wissen allerdings wenig über die Hersteller und die Umstände der meist in Heimarbeit ausgeführten Fertigung.

In einem Bericht über die Firma C. A. Müller wurde 1842 die wirtschaftliche Bedeutung für die Region betont: „Der bedeutende Absatz dieser Fabrik hat Tausenden einen neuen Erwerbszweig eröffnet, und in dem meilenweiten Umkreis findet man Kinder, Weiber und Greise mit der Verfertigung von Spielwaaren beschäftigt, die allwöchentlich in ungeheuren Quantitäten in dieser Fabrik abgeliefert werden. …Gegen 120 Familien werden hierdurch beschäftigt, die vielen Hilfsarbeiter nicht mitgerechnet, die oft in den entlegendsten Ortschaften vertheilt sind.“

Zu den Herstellern von Massefiguren gehörte die Familie Weißgärber in Hora Svate Kateriny/Sankt Katharinaberg und Rudolice v Horach/Rudelsdorf. Franz Weißgärber warb in einer Anzeige um 1910 (?) mit den Worten „Erzeugung von Spielwaren jeder Gattung“, dazu gehörten „Affen, Zwerge, Kaminfeger, Russen und Japaner, Chinesen, Dackel, Hase und Fuchs verkleidet, Karrikaturen u. dergl. an Gummischnur hängend, Figuren für Kaufläden, Ställe, Wetterhäusel u.a. mehr, Neujahrs- Oster- und Weihnachtsartikel, Juxgegenstände“.

In den Kriegsjahren standen wohl Bestellungen von Soldatenfiguren im Vordergrund, neben Deutschen auch Franzosen und Engländer, marschierend, knieend, liegend oder stürmend. Zusätze zu den Bestellungen wie „Eilt sehr!!“ (1916) verdeutlichen die große Nachfrage.

Franz Weißgärber hatte 12 Kinder, davon waren zwei später als selbständige Massefiguren-Hersteller tätig. Der Sohn Emil, Katharinaberg 71, stellte u. a. Weihnachtskrippen, Spankörbchen mit Früchten, Kaufladeneinrichtungen und Kaspertheaterfiguren her, warb aber auch mit „Neuheiten für Sommerfeste, Scherzartikel, Grambusköpfe“.

Ein Foto aus der Zeit um 1925 in den „Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz“ zeigt die Herstellung von Köpfen für Lauffiguren in seiner Werkstatt. In einem weiteren Foto im gleichen Heft ist die Familie Grimmer, Katharinaberg, bei der Herstellung von Figuren abgebildet.

Der Bruder Theodor Weißgärber (1891-1946) absolvierte zunächst in Oberleutensdorf eine Lehrerausbildung und war als Mathematiklehrer und Schnitzer tätig. In den 1920er Jahren machte er sich als Spielwarenhersteller in Katharinaberg, Lange Gasse 16, selbständig und stellte mit bis zu 10 Beschäftigten und einigen Heimarbeitern u. a. Krippenfiguren, Osterfiguren und Tanzpuppen her. Später verlegte er sich immer mehr auf die Fertigung von Heiligenfiguren unter Glassturz und bezeichnete seine Firma als „Devotionalienfabrik“.

Die Sockel und Glashauben lieferte eine Firma aus Jablonec/Gablonz. Dort wurden diese Figuren auch in viele Länder vertrieben. Aber auch die Firma Max Hetze in Seiffen bezog von Weißgärber „Heiligenfiguren unter Glasdom“, wie aus dem Wareneingangsbuch von 1928 zu entnehmen ist. Nach Größen sortiert kostete 1 Dutzend von 12 Kronen (1,35 RM) bis 40 Kronen (4,50 RM). Da der Zoll nach Gewicht bemessen wurde, war das bei den Eingängen mit angegeben. (1kg = 60 Pfg. Zoll).

Theodor Weißgärber hat die Muster seiner Figuren selbst entworfen und die Formen hergestellt. Die verwendete Masse enthielt Kartoffelstärke und war deshalb auffallend weiß, als Bindemittel diente Gummiarabikum. 1944 endete die Figurenherstellung, die Familie wurde 1945 ausgewiesen. Theodor Weißgärber starb 1946 im Internierungslager Brüx/Most. Einige Formen und Figuren der Familie Weißgärber waren bis in die 1990er Jahre in einem kleinen Heimatmuseum in Hora Svate Kateriny ausgestellt und gelangten dann nach Litvinov. Heute gehören sie zum Bestand der Präsentation von Spielzeug aus dem böhmischen Erzgebirge im Regionalmuseum Most.

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